Klaus Walter Coaching und Supervision

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Wenn Verlust zum Trauma wird… Pathologische Verlustverarbeitung als Aufgabe der Psychotherapie

Die einzig behandlungsbedürftige Trauer ist die, die nicht stattfindet. Trauer ist an sich kein pathologischer Zustand. Sie ist eine natürliche Reaktion auf einen natürlichen Vorgang. Tod bedeutet realen Verlust und Schmerz und in der Trauer müssen diese erst verarbeitet werden. Loslassens ist zur Verarbeitung notwendig. Die Augenblicke des unendlichen Leidempfindens und die Versuche es zu überwinden, können sich aber auch zu Monaten und Jahren des Leidens und misslingender Lösungsversuche dehnen, die keinen Raum für Lebensfreude mehr lassen, so dass am Ende jeder Zweifel abfällt, dass es noch gesund ist. Von solchen pathologischen Trauerreaktionen möchte ich heute sprechen Ich möchte Sie dabei mit Konzepten der Traumatheorie und -verarbeitung vertraut machen, die uns pathologische Trauerreaktionen verstehen und bewältigen helfen

Die Diagnose

Wenn ein Mensch ein belastendes Erlebnis nicht verarbeiten kann und statt dessen Symptome entwickelt, sprechen Arzt und Psychotherapeut von einer reaktiven Störung und diagnostizieren … Reaktionen auf schwere Belastungen , Posttraumatische Belastungsstörungen oder Anpassungsstörungen. Treten diese Reaktionen nach Verlusterlebnissen auf, dann werden sie auch als abnorme   Trauerreaktion bezeichnet. Der Begriff ist aber meines Erachtens missverständlich. Er suggeriert, dass es eine Norm für Trauer gäbe. Aus meiner Sicht gibt es diese nicht, sondern nur individuelle Verarbeitungswege. Ich spreche darum lieber von einer pathologischen Trauerreaktion . Merkmale einer pathologischen Entwicklung sind … völlig fehlende Reaktion auf den Verlust, extreme Trauerreaktion, die weit über die in dieser Kultur zu erwartende hinausgeht, dauerhafter Stillstand, eine fehlende Entwicklung im Trauerprozess.

Umgang mit Belastungen

Menschen gehen mit Belastungen grundsätzlich auf zweierlei Weise um, nämlich mit Bewältigungsversuchen und / oder mit Abwehrversuchen . Bewältigungsversuche … zielen auf die Integration des Erlebten in den Erfahrungsschatz eines Menschen. Sie zeigen sich in aktiver emotionaler Trauerarbeit, können zum Beispiel in einer religiösen oder philosophischen Erklärung münden. Ein Ereignis bleibt dann kein belastender Fremdkörper, sondern wird zu einer, die Persönlichkeit ergänzenden oder erweiternden Erfahrung. Abwehr … ist ein Begriff aus der Psychoanalyse. Es handelt sich um seelische Mechanismen, mit denen wir im Augenblick nicht zu bewältigende Belastungen unschädlich zu machen versuchen, ohne sie grundsätzlich zu beseitigen oder zu verarbeiten - z.B. mittels Verdrängung, Verleugnung, Spaltung oder Projektion. Abwehr ist ein benötigter, seelischer Stabilisierungsprozess. Zum Problem wird Abwehr, wenn sie zu Symptomen führt.

Definition „Trauma“

Ein    Trauma    ist    eine    so    extreme    Lebenserfahrung,    dass    der    betroffene    Mensch    so    sehr    überfordert    ist,    dass    seine    gewohnten Bewältigungs- und Abwehrstrategien nicht mehr funktionieren. Ein Trauma entsteht immer dann, wenn bei extremer Belastung Bewältigungsversuche und Abwehr versagen.

Traumaentstehung

Ein Trauma wird manchmal als Folge eines einzelnen aus dem Rahmen fallenden Erlebnisses missverstanden. Untersuchungen, zum Beispiel an Holocaust- und Tsunami-Opfern zeigen aber, dass Menschen gleiche oder ähnliche Belastungen ganz unterschiedlich verkraften. Zur Ausbildung eines Traumas gehören mehrere Faktoren: Eine extreme Lebenserfahrung, Einflüsse des sozialen Netzes und der sozialen Umgebung, individuelle Disponierung und nicht hinreichende Bewältigungsmuster eines Menschen. Extreme Lebenserfahrungen sind ungewöhnliche, besonders starke und unerwartete Belastungen, zum Beispiel durch schwere Unfälle, plötzlichem Tod von Angehörigen, schwere Misshandlungen, Krieg oder Katastrophen. Der voraussehbare Tod eines Menschen nach einem erfüllten Leben bedeutet unter normalen Bedingungen keine extreme Lebenserfahrung. Einflüsse des sozialen Netzes und der sozialen Umgebung können für die Bewältigung unterstützend sein oder aber den traumatisierenden Effekt noch verstärken, beziehungsweise sogar erst hervorrufen. Bedeutsam ist der unmittelbare Einfluss anwesender Menschen in der belastenden Situation und der permanente soziale Hintergrund, der zum Beispiel Wertungen oder Trost und Schutz signalisiert. Bewältigungsmuster Menschen benötigen Bewältigungsstrategien für Belastungen im Leben. Bei hinreichend guter seelischer Entwicklung erwirbt ein Mensch für Verlusterfahrungen Bewältigungsmöglichkeiten. Eltern müssen zum Beispiel nicht perfekt sein. Kinder sind in der Lage, „kleine und auch gelegentlich größere Unebenheiten“ in Beziehungen zu den Eltern zu verkraften, ohne ernsthaften Schaden zu nehmen. Mit hinreichenden Bewältigungsmöglichkeiten erscheint der Verlustschmerz nicht unüberwindlich, kann letztlich anerkannt werden. In der Verarbeitung kann er sich auflösen oder in eine gute Form des Ausagierens münden. Disponierung Kinder benötigen hinreichend Unterstützung bei Verlust und Trennung, benötigen Erwachsene, die Affekte mit ihm ertragen, trösten, sowie kindgerechte Erklärungen liefern. Erwachsene müssen funktionierende Modelle für die Bewältigung solcher Belastungen sein. Verluste dürfen bedeutsamen Bezugspersonen nicht als übermächtige Bedrohung dargestellt werden. Wenn diese Grundsätze vernachlässigt werden, entsteht eine Disponierung. Trennung und Verlust werden im weiteren Leben viel extremer erlebt und auf sie wird nicht angemessen reagiert. Ermüdung der Bewältigungsfähigkeiten Auch Menschen ohne negative Vorerfahrungen und mit gesunder Entwicklung können erleben, dass ihre gewohnten Bewältigungsmuster versagen. Zum Beispiel wenn ihre Bewältigungskapazität durch chronische oder mehrfache Belastungen erschöpft ist. Vergleich „Trauma und pathologische Trauerreaktion“ Grundsätzlich kann pathologische Trauer als Symptom einer Traumatisierung durch den unbewältigten Tod eines bedeutsamen Menschen angesehen werden. Dies wird bei der Betrachtung der gängigen Vorstellungen des Trauerprozesses und des Verarbeitungsprosses eines Traumas deutlich.

Therapie und Fürsorge

Eine wichtige Erkenntnis ist … Es führt kein Weg an der Trauer vorbei, sondern nur durch sie hindurch. Wer seine Trauer nicht ausdrückt, wird sie im Körper speichern. Er wird eingeengt in seinerLebendigkeit, so dass auch andere Gefühle wie Freude und Liebe nicht mehr frei fließen können. Behandlung und Fürsorge zielen darum auf das Gleiche – nämlich auf den fließenden Prozess der Verarbeitung. Fürsorge unterstützt dabei vorrangig den Eigenprozess des Betroffenen und Traumatherapie hilft vorrangig den ins Stocken geratenen Prozess wieder in Gang zu bekommen. Weitergehende Psychotherapie soll belastende Dispositionen verarbeiten helfen, Ressourcen aufbauen und freisetzen. Eine Verlustsituation ist eine Situation, in der eine schnelle Reaktion nicht nützt. Der Verlust ist real, nicht umkehrbar und durch einen Reflex nicht zu beheben. Die Gefahr, dass die Verarbeitung zum Stillstand kommt, ist also groß. Dies hebt die Bedeutung stützender Trauerbegleitung ungemein hervor und macht deutlich, wie wichtig ein Rahmen ist, der als haltend und schützend empfunden wird. Eine gute Trauerbegleitung vermindert die Gefahr von Traumatisierung.
Durcharbeiten, in die  L e bensgeschichte integrieren   Neuorientierung mit verändertem  Selbs t bild, persönliche Reifung   Integration und  Neuor i enti e rung   Verlust bearbeiten,    Bestreben, eine unterbroch e ne  Handlung zum Abschluss zu  bri n gen   Strategien, um das Verlorene wi e der  zu entdecken, Wut über den  fehle n den Erfolg   Wiederentdeckung des  eigenen Antriebs,  Bea r beitung   Verleugnung, Nicht - Wahr - haben - wollen   Überflutung von affektiven und  Si n neseindrücken   Stillstand in der Verarbeitung,   Nicht - wahr - haben - wollen,    Überforderung und  Stillstand   Traumaverarbeitung   Stadien der Trauer   Gemeinsame Phasen
Dies ist ein Skript für eine Fortbildung, die ich im Zentrum für Erwachsenenbildung des Stephansstiftes angeboten hatte.
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