Klaus Walter Coaching und Supervision

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Auswahl eines Therapiehundes

Wenn jemand in seiner therapeutischen Arbeit ein Tier einsetzen möchte, dann steht er oder sie vor der Frage, welches das richtige Tier ist. Eine richtige Tierauswahl bedeutet mehrerlei: o Ich muss mich fragen, was ich mir als Tierhalter für ein Tier zutraue? o Ich muss mir der Anforderungen an dieses Tier bewusst werden? o Da es im Folgenden um einen Therapiehund geht, muss ich die Frage stellen, welche Hunderasse geeignet ist? o Ich muss mich fragen, ob das ganz spezielle, individuelle Tier ein geeignetes „Wesen“ für den geplanten Einsatz hat? Nach den Richtlinien der International Association of Human-Animal Interaction Organizations zu tiergestützter Therapie und tiergestützten Aktivitäten sollen nur domestizierte Tiere herangezogen werden, die mit Menschen und deren unterschiedlichen Verhaltensweisen zurechtzukommen. Dies sind Tiere, die traditionell mit Menschen zusammen leben. Unter diese Richtlinien fällt der Hund zunächst einmal fraglos. Er ist seit Jahrtausenden domestiziert, hat sich mit der Erfüllung verschiedenster Aufgaben und mit dem Einfügen in das Rudel Familie längst an die unterschiedlichen Verhaltensweisen von Menschen angepasst. Es dürfen natürlich nur Tiere eingesetzt werden, deren Gesundheit und Friedfertigkeit nachgewiesen ist. Der international anerkannte „Pet Partners Skills and Aptitude Test ® wurde entwickelt, um Minimalanforderungen beim Screening von Tieren zu definieren, die bei tiergestützten Therapien oder Aktivitäten eingesetzt werden sollen. Ich werde diesen Test noch vorstellen.

Was traue ich mir als Tierhalter für ein Tier zu? Bin ich mir der Anforderungen durch ein Tier bewusst?

Für die Beantwortung dieser Fragen greife ich auf eine Sendung des WDR vom 7. Oktober 2004 zurück, mit dem Titel “Ein Freund fürs Leben - Wie finde ich mein Wunschtier?“ Darin stellte Frau Dr.Heidrun Betz, Referentin beim Deutschen Tierschutzbund in Bonn, Überlegungen an, die ich in ein paar Auszüge vorstellen möchte. Frau Gast rät, die Entscheidung für ein Tier niemals aus dem Bauch heraus zu fällen. Als Tierhalter übernimmt man ja die Verantwortung für das Wohlergehen eines Lebewesens, das von voll und ganz von einem abhängig wird. Man müsse sich erst einmal bewusst machen, was das bedeutet. Zum Beispiel wird man als Tierhalter ja zum Lebensmittelpunkt des Tiers und schuldet ihm darum viel Zeit und Zuwendung. Man müsse sich damit konfrontieren, dass ein lebendes Wesen immer auch mal etwas kaputt oder schmutzig macht. Dann muss man bereit sein, ein Häufchen auf dem Teppich oder Erbrochenes mit gelassener Ruhe zu entfernen, über zerbissene Schuhe oder zerkratzte Tapeten hinwegzusehen oder die Haare auf dem Sofa zu ertragen. Ein Tier bleibt immer ein Tier und könne sich nicht gegen seine Natur an unsere Vorstellungen anpassen. Man muss sich an die Eigenarten des Tieres anpassen, nicht umgekehrt. Man müsse durchrechnen, was ein Tier an Kosten verursacht, wie viel Futter es benötigt, was Zubehör wie Leine, Körbchen, was ein Tierarztbesuch kosten. Man muss sich bewusst machen, dass ein Hund über 15 Jahre alt werden kann, und dass das Tier während der letzten Lebensjahre ganz besonders viel Zuneigung und unter Umständen auch teure Tierarztbesuche benötigt.

Die Wahl der geeigneten Hunderasse

Der Ursprung Grundsätzlich verfügt jede einzelne Hunderasse über bestimmte Veranlagungen, die meistens auf die ursprüngliche Zielsetzung der Züchter einer Rasse zurückgehen. Mittlerweile gibt es aber über 350 anerkannte Hunderassen, die bei der FCI (Fédération Cynologique Internationale) - der internationalen Vereinigung für Hundewissenschaften - verzeichnet sind. Es gibt Hüte- und Treibhunde, Haus- und Hofhunde, Spitze und Hunde vom Urtyp, Lauf- und Schweißhunde, Wach- und Schutzhunde, Gesellschafts- und Begleithunde, Apportier-, Stöber- und Wasserhunde, Schlittenhunde, Vorstehhunde und viele andere Rassen, die für einen bestimmten Zweck gezüchtet wurden. Und genau diese über Jahrzehnte heran gezüchteten Eigenschaften lassen sich nicht einfach weg erziehen. Es erweist sich daher zum Vorteil, wenn man seinem Hund ein Betätigungsfeld ermöglicht, das seinem heran gezüchteten Verhaltensrepertoire möglichst nahe kommt. Mindestens muss man sich als Hundehalter aber bewusst machen, für welchen Zweck der Hund eigentlich gezüchtet wurde und somit keine falschen oder überzogenen Anforderungen an ihn stellen. So bleibt beispielsweise ein Weimaraner nun einmal ein eingefleischter Jagdhund, von dem man schlecht erwarten kann, dass er ohne Leine in aller Ruhe durch den Wald läuft und flüchtendes Wild schlechthin ignoriert. Oder kann man von einem Bernhardiner verlangen, dass er Agilityturniere bestreitet oder gar Flyball-Meister wird? Fatal könnte auch die Annahme enden, dass ein Border Collie ausreichend Beschäftigung hat, wenn er zweimal am Tag für zehn Minuten in den Garten darf. Nur wenn Sie sich über Ihre Lieblingshunderasse informieren, können Sie ungefähr einschätzen, ob das neue Familienmitglied oder der neue Therapiehund den Erwartungen entspricht oder nicht. Des Weiteren kommt hinzu, dass jede Rasse ihre rassespezifischen Eigenarten hat, aber man dabei auch nicht vergessen darf, dass jeder Hund ein Individuum ist. Was soviel bedeutet, dass es selbst innerhalb einer Rasse große charakterliche Unterschiede geben kann. Zu diesen individuellen Wesensmerkmalen komme ich später noch. Der Gesetzgeber hat sich seit einigen Jahren intensiver mit der Gefährlichkeit von Hunden in Zusammenhang mit der Rassenzugehörigkeit beschäftigt. Auslöser waren Angriffe von Hunden insbesondere auf Kinder, die durch die Presse gegangen sind, weil sie katastrophalen Ausgang genommen hatten. Die Bundesländer haben auf diesem Hintergrund verschiedene Gesetze und Verordnungen erlassen: Besonders strenge Regeln für als gefährlich eingestufte Hunde (auch wenn an einer solchen Einstufung Zweifel angebracht sind) In so genannten Landeshundegesetzen wurden vorwiegend folgende Hunderassen (sowohl reinrassige als auch Mischlinge daraus) als gefährlich eingestuft: - Pitbull Terrier - American Staffordshire Terrier - Staffordshire Bullterrier - Bullterrier - Alano - American Bulldog - Bullmastiff - Mastiff - Mastino Espanol - Mastino Napoletano - Fila Brasileiro - Dogo Argentino - Rottweiler - Tosa Inu Im Oktober 2003 hat die Landesregierung Niedersachsen die Rassenfestlegung auf Grund einer Niederlage vor dem Bezirksverwaltungsgericht wieder aufgegeben. Weiterhin gilt aber, dass einzelne Hunde als besonders gefährlich eingestuft und deren Halter mit Auflagen belegt werden können. Dies können aber Hunde jeder beliebigen Rasse sein, die in Einzelfällen als gefährlich eingestuft werden, zum Beispiel, wenn sie eine Schutzhundausbildung haben oder wenn sie durch Beißen auffällig geworden sind. In diesem Fall müssen sie einem Wesenstest (ein Eignungstest siehe weiter unten) unterzogen werden. In § 9 des Landeshundegesetzes Niedersachsen heisst es: Die Sozialverträglichkeit des Hundes kann nur durch einen Wesenstest nachgewiesen werden, der von einer vom Fachministerium zugelassenen Person oder Stelle durchgeführt worden ist. Der Nachweis der Sozialverträglichkeit kann auch durch einen in einem anderen Land oder Staat durchgeführten Test erbracht werden, wenn das Fachministerium den Test dieses Landes oder Staates als dem Wesenstest nach Satz 1 gleichwertig anerkannt hat. Auch wenn die Diskussion um die reale Gefährlichkeit von bestimmten Rassen weiterhin kontrovers geführt wird, ist es nicht empfehlenswert, gerate einen Hund solch einer Rasse bei der Arbeit einzusetzen. Zum einen gerät man natürlich in den Sog dieser Diskussion und schafft sich damit ein störendes Thema und zum anderen muss man davon ausgehen, dass selbst wenn die Rassenzuordnung zu einer besonderen Gefährlichkeit nicht zutreffend sein sollte, es sich doch um eher schwer erziehbare Hunde handelt. Es ist darum ratsam, dass sich Unerfahrene vor der Entscheidung für eine bestimmte Hunderasse auf jeden Fall fachkundigen Rat einholen oder einen Kurs besuchen sollten. Auswahl Ich kann nur raten, das Aussehen oder eine aktuelle Mode nicht zum Kriterium für die Wahl einer Hunderasse zu machen. Viel bedeutsamer ist, dass sichergestellt sein muss, dass der künftige Hundebesitzer den Bedürfnissen und Eigenheiten des neuen Partners mit seinen sprzifischen Eigenschaften gerecht werden kann. Bei der Suche nach einem geeigneten Hund kann man nur allzu leicht über zahlreiche Vorurteile und Klischees stolpern, die nicht unbedingt der Wirklichkeit entsprechen. Beispielweise wird ein Collie zumeist als besonders kinderfreundlich angesehen. Dazu hat sicherlich die TV-Serie "Lassie" nachhaltig beigetragen. Collies sind zwar sehr wachsam, treu, folgsam und verfügen über einen ausgeprägten Schutztrieb, sind jedoch für das Zusammenleben mit Kleinkindern nur bedingt geeignet. Sie sind nämlich auch sehr sensibel und anspruchsvoll, weshalb sie den Umgang mit Kleinkindern häufig als Stress empfinden. Besser geeignet für den Umgang mit Kindern sind beispielsweise Neufundländer. Insbesondere zu berücksichtigen sind die Wohnverhältnisse, auch wenn genügend Auslauf vorhanden ist. Für kleinere Wohnungen kommen natürlich grundsätzlich auch nur kleine Hunderassen in Frage. Ist die Wohnung groß genug, vielleicht sogar ein Garten vorhanden, kann sich auch ein mittelgroßer oder großer Hund wohl fühlen - stets vorausgesetzt, dass er genügend Auslauf erhält. Vor allem Jagd- und Hütehunde, wie Schäferhund, Collie, Australian Shepherd, Setter, Deutsche Dogge oder Dobermann, benötigen einen täglichen Auslauf von zwei bis drei Stunden. Selbst der größte Garten kann diesen Auslauf nicht ersetzen, da das allzu bekannte Gelände dem Hund keine neuen Reize mehr bietet und er sich schnell zu langweilen beginnt. Freilich genügt Auslauf allein noch nicht, den Hund vor Langeweile zu schützen. Aufgrund ihrer hohen Intelligenz benötigen diese Tiere auch sehr viel besondere Beschäftigung wie Suchspiele oder Agility-Training. Unterforderte, gelangweilte Hunde - wenn sie nicht phlegmatisch werden - suchen sich eine eigene Beschäftigung - keineswegs immer im Sinne des Halters. Das umfasst beispielsweise das "Hüten" von Kindern oder Gegenständen, aber auch die Zerstörung der Möbel. Es kann Aggressionsverhalten gegenüber anderen Hunden oder sogar Menschen auftreten. Zu beachten ist auch, dass viele kleine Hunde wie Dackel oder Terrier in Wirklichkeit Jagdhunde sind und deshalb ebenfalls viel Auslauf und Beschäftigung brauchen. Als Schosshunde sind sie keineswegs geeignet. Zudem verfügen sie oft über ausgeprägtes Selbstbewusstsein, was besondere Anforderungen an die Halter stellt. So gelingt es beispielsweise Dackeln, die ja zur Jagd auf Fuchs oder Dachs gezüchtet wurden, immer wieder, sämtliche Erziehungsbemühungen erfolgreich über den Haufen zu werfen. Besonders selbständig sind auch die derzeit in Mode gekommenen Herdenschutzhunde wie Maremmano, Owtscharka oder Kangal, die meist durch ihr teddybäriges Aussehen wie perfekte Familenhunde wirken. Sie wurden jedoch dazu gezüchtet, selbständig Viehherden gegen Raubtiere und Diebe zu schützen, weshalb sie sich durch einen starken Schutztrieb und ein ausgeprägtes Territorialverhalten auszeichnen. Aufgrund dieser Selbständigkeit ist ihre Bereitschaft zur Unterordnung deutlich geringer als bei anderen Rassen, was ihre Erziehung entsprechend erschwert. Dieser kurze Überblick macht wohl schon deutlich, dass es nicht leicht ist, sich für die geeignete Hunderasse zu entscheiden. Wohnverhältnisse, persönliche Eigenarten, Sportlichkeit und Freizeit haben einen Einfluss darauf, wie wohl sich ein bestimmter Hund bei Ihnen fühlt. Deshalb ist es wichtig, sich vorher ausgiebig zu erkundigen und insbesondere auch unabhängigen fachmännischen Rat bei zu ziehen. Nicht jeder Züchter ist professionell genug, seine möglichen Kunden neutral und unabhängig zu beraten. Oft ist er leider in erster Linie Geschäftsmann und will verkaufen.

Hundetypen

Ich stelle im Folgenden eine Einteilung von Hundeeigenschaften vor, die sich aus spezifischen Züchtungsrichtungen und Rassengruppierungen ergibt. Eine umfangreiche Übersicht über die Eigenschaften von Rassen findet man hier: Hunderassen-Eigenschaften . Hütehunde sind im Grunde gute Familienhunde, denn in ihrem Ursprung haben sie eng mit dem Schäfer zusammengelebt und gearbeitet. Sie ordnen sich relativ schnell unter, da sie von jeher mit ihrem Besitzer eng zusammenarbeiten mussten. Ihr ganzes Leben lang sind sie extrem gelehrig und aktiv, von daher benötigen sie viel sinnvolle Beschäftigung, die sie geistig und körperlich auslastet. Die teils sehr sensiblen Hunde benötigen dabei eine liebevolle, aber auch konsequente Führung. Diese Hunde sind eher geeignet für die therapeutische Arbeit, weil sie Stimmungen sehr gut auffassen können. Allerdings macht sie dass auch stressanfällig, z.B. im Umgang mit Kindern. Beispiele: Border Collie, Bearded Collie, Collie (Langhaar/Kurzhaar), Deutscher Schäferhund, Malinois, Lakenois, Tervueren, Berger de Brie-Briard, Puli Herdenschutzhunde Diese Hunde wurden gezüchtet, um in entlegenen Regionen Süd- und Osteuropas die Herden vor Wölfen und Bären zu schützen. Herdenschutzhunde sind tagsüber sowie nachts sehr aufmerksam, arbeiten selbständig und besitzen ausgeprägtes Territorial- und Besitzbewusstsein. Genau diese Eigenschaften machen sie zu guten Wächtern. In ihrem eigenen Revier dulden sie ungern fremde Hunde - wozu auch die Gebiete der regelmäßigen Spaziergänge zählen können - in fremdem Umfeld wirken sie oft zurückhaltend und unsicher. Sie sind in der Regel Fremden gegenüber sehr misstrauisch. Sie halten sich gerne im Freien auf, sind nicht auf ständige Beschäftigung aus und deshalb eine gute Lösung für Menschen mit viel Platz drinnen und draußen, die die Hunde zwar um sich haben, aber nicht ständig mit ihnen etwas tun wollen. Die Beschreibung macht schon deutlich, dass diese Rassen kaum geeignete Voraussetzungen für die therapeutische Arbeit haben. Beispiele: Akbash, Kuvasz, Do Khyi, Pyrenäenberghund, Komondor, Kangal, Kaukasischer Owtscharka, Perro de Pastor Mallorquin (Ca de bestia), Mastin Español Treibhunde Hunde dieses Typs mussten in der Lage sein, die Herden ihres Besitzers Hunderte von Kilometern zu entfernten Märkten zu treiben. Dafür mussten diese Hunde energisch, sehr beweglich, ausdauernd und robust sein. Sie arbeiteten weitgehend selbständig und müssen sich dennoch weiter unterordnen als der Hirtenhund. Bei den Hunden handelt es sich um sportliche, kräftige Tiere, die eine Aufgabe benötigen. Wegen ihrer enormen Energie sind sie nicht unbedingt für den therapeutischen Einsatz geeignet. Beispiele: Australian Cattledog, Bouvier des Flandres Haus- und Hofhunde Unter diesem Hundetyp lassen sich alle Rassen zusammenfassen, deren Aufgabenbereich sich auf den Besitz ihres Herrn erstreckt. Diese Hunde sind ortstreu, wachsam, Fremden gegenüber oft sehr misstrauisch. Sie benötigen eine konsequente, gute Führung und dürfen sich nicht selbst überlassen werden. Wie bei den Herdenschutzhunden setzt auch dieser Hundetyp Kenntnis im Hundeverhalten voraus. Diese Hunde sind für den therapeutischen Einsatz eher nicht geeignet. Beispiel: Bordeauxdogge, Schnauzer, Pinscher, Deutsche Spitze, Deutsche Dogge, Boxer, Hovawart, Sennenhunde, Rottweiler, Mastiff, Tosa Terrier In ihrem Ursprung sind alle Terrier Jagdhunde. Bis auf den Deutschen Jagdterrier sind heutzutage jedoch alle Terrier ausgezeichnete Familien- und Begleithunde, die zwar gerne mal ein Mäuseloch kontrollieren aber deren Jagdeifer erzieherisch im Zaum gehalten werden kann. Alle Terrierarten zeichnen sich durch ihre Robustheit, ihr Temperament und Lernfähigkeit aus. Sie sind ein Leben lang fröhliche Hunde, die sich aber nur anerkannten Rudelmitgliedern unterordnen und dass macht sie für die therapeutische Arbeit nicht so geeignet. Sie sind aber sehr gute Familienhunde, wenn man ihre Art liebt und damit umgehen kann. Beispiel: Airedale Terrier, West Highland White, Cairn Terrier, Scotch Terrier, American Staffordshire Terrier, Staffordshire Bullterrier, Border Terrier Dachshunde (Teckel) Der Dachshund, bekannter unter dem Namen Dackel. Seine ursprüngliche Aufgabe war die Jagd. Trotz der geringen Größe schlugen sie sich tapfer im Kampf gegen körperlich überlegene Gegner wie Fuchs und Dachs. Familien erobern diese Rassen im Nu, denn Dackel sind in ihrer Mimik doch unnachahmlich. Auch hier beweisen sie Talent auf allen Gebieten, sie sind zärtlich, rücksichtsvoll, dreist und draufgängerisch, je nachdem wie die Situation es erfordert. Bei liebevoll konsequenter Erziehung wird der Dackel zum perfekten Familienhund. Seine eher geringe Größe lässt mich vom Einsatz in der Therapie Abstand nehmen, aber dass hat etwas mit meiner subjektiven Einstellung zu tun. Ansonsten ist der Dackel eher geeignet. Gesellschafts- und Begleithunde Diese Gruppe von Hunden war in und ist in seinem Ursprung weder einem bestimmten Aufgabengebiet noch Aussehen zuzuordnen. Sie sind zur Freude des Menschen gezüchtet worden und deshalb allesamt angenehme Familientiere. In der Regel haben sie wenig Territorialbewusstsein und sind sehr verträglich. Sie sind wachsame aber nicht aggressive Tiere, zeigen wenig Jagdpassion und sind alles in allem auch für Anfänger gut geeignet. Alle diese Eigenschaften machen sie auch für die therapeutische Arbeit sehr geeignet. Mich selbst hält aber ab, dass diese Rassen zumeist recht klein sind. Beispiel: Bichon frisé, Malteser, Lhasa Apso, Shih Tzu, Tibet Terrier, Cavalier King Charles Spaniel, Pudel, Mops, Kromfohrländer, Pekingese, Löwchen, Boston Terrier Jagdhunde Ein Jagdhund bleibt ein Jagdhund und stellt den jagdlich nicht ambitionierten Halter leicht vor unlösbare Probleme. Obwohl viele Jagdhunderassen seit Generationen als Familienhunde gezüchtet werden, können sie ihre Jagdpassion wenig verleugnen. Ein entspanntes Spazierengehen mit freilaufendem Hund ist kaum möglich, eine konsequente Erziehung von Anfang an notwendig. Aber im Umgang mit dem Menschen sind sie friedfertig und angepasst. Sie sind als Familienhunde und zur Therapieunterstützung zumeist geeignet. Zur großen Gruppe der Jagdhunde zählen Laufhunde, Schweißhunde, Vorstehhunde, sowie Apportierhunde. Beispiel: Vorstehhunde wie Pointer, Setter, Münsterländer, Weimaraner oder Deutsch Kurzhaar, Apportierhunde wie Retriever, Stöberhunde wie Cocker Spaniel, Laufhunde wie Bracken. Nordische Hunde Der Husky und seine verwandten Arten werden oft als Schlittenhunde bezeichnet. Damit ist aber bei weitem nicht erfasst, für welche Aufgaben er alle vom Menschen gezüchtet wurde. Vorrangig bei der Züchtung war im Übrigen die Aggressionsfreiheit gegenüber dem Menschen. Er ist darum als Schutzhund völlig ungeeignet. Ansonsten legten die Inuit Wert auf seine Geschicklichkeit bei der Eisbärjagd, auf Ausdauer, Gelehrigkeit und Unterordnung unter den Menschen. Weil der Husky dem Wolf noch eng verwandt ist, waren diese Eigenschaften leicht züchtbar, denn der Wolf ist ein sehr soziales Wesen. Nordische Hunde sind Multitalente, die sich neuen Rollen gut anpassen können. Sie sind wegen ihrer freundlichen, verspielten Art gute Familienhunde und aktive Begleiter für sportliche Aktivitäten. Sie sind gegenüber Kindern sehr tolerant. Sie sind aber auch sehr enrgiegeladen, so dass sie neben dem Einsatz in der Therapie viel zusätzlicher Bewegung brauchen. Sie verhalten sich zudem sehr unabhängig und benötig darum schon viel Hundeerfahrung für ihre Erziehung. Vom Wesen her sind nordische Hunde für die Mitarbeit in der Therapie geeignet. Beispiele: Malamut, Samojede, Husky Mischlinge Ich habe durch viele Begegnungen mit Mischlingshunden den Eindruck gewonnen, dass darunter oft geeignete Therapiehunde sind. Ich habe für mich dafür folgende Erklärungen gefunden: o Rassehunde werden auf einseitige Eignung gezüchtet, für eine ganz spezielle Aufgabe. Darum verlieren sie ihre Anpassungsfähigkeit an neue Situationen. o Bei der Züchtigung steht heutzutage zumeist das äußere Merkmal zu stark im Vordergrund. Durch das Inzuchtphänomen kommt es zunehmend zu genetischen defekten mit Verhaltensauswirkungen. o Kaufmännische Interessen verhindern die notwendige Zuchtwahl. Veräußert wird, was geboren wird. o Der Mischling verkörpert die Rückkehr zum Ursprung, dem Wolf. Durch die rassenübergreifende Kreuzung vereinigen sich mehr Eigenschaften die dem Mischling Anpassungsfähigkeit zurückbringen und die in der sich wechselnden Beziehung zum Menschen genutzt werden können Für mich spricht also Einiges für die Wahl eines Mischlingshundes, so wie Bingo einer ist. Wenn dabei noch spezifische gute Rassenmerkmale mit einfließen, ist dagegen ja nichts einzuwenden. Wenn es sich beim Mischling nicht um ein Zufallsprodukt handelt, so besteht eventuell die Möglichkeit Hunde aus einem vorangegangenen Wurf der gleichen „Produktion“ kennen zu lernen.

Eignungstest für den Hund Pet Partners

®

Aptitude Test

Mit dem Pet Partner Aptitude Test hat die Delta Society eine Untersuchungsform entwickelt, mit der die Fähigkeiten von Tierführer und Tier in einer ganz lebendigen Weise geprüft werden können. Der Test soll ganz speziell darauf zielen, ob Tierführer und Tier an tiergestützten sozialen Aktivitäten teilnehmen können. Getestet wird mit dem PPAT also nicht nur die Fähigkeit des Tieres, sondern auch die des Tierhalters und die Zusammenarbeit von Tier und Tierhalter. Dieser Test sollte nicht mit dem in Deutschland verwendeten Wesenstest verwechselt werden, der zur Feststellung der Gefährlichkeit eines Hundes benutzt wird. Der Test resultiert aus vielen Untersuchungen, bei denen mehr als 600 ausgebildete Beobachter über die beobachteten Tierreaktionen befragt wurden. Aus ihren Beobachtungen wurden 10 Situationen extrahiert, die wesentliche Auskunft geben sollen. Der daraus zusammengestellte Test kombiniert Szenarios mit unterschiedlichsten Anforderungen an Tier und Tierhalter. A: Allgemeintest Diese Situation entspricht der Untersuchung bei einem unbekannten Tierarzt: Das Tier wird einer fremden Person ausgesetzt, die es am ganzen Körper untersucht. Dabei wird geprüft, ob das Tier diese Untersuchung akzeptiert. Der Tierhalter wird dabei geprüft, ob er weiß, wie er sein Tier bei einem solchen Kontakt präsentieren kann und wie er das Tier unterstützen kann, die Situation zu akzeptieren und damit umzugehen. B: Überschwengliches und ungeschicktes Streicheln Bei dieser Übung soll geprüft werden, ob das Tier genug Selbstkontrolle hat, um unbeholfene Zuwendung zu tolerieren, wie sie von Menschen mit Behinderungen ausgeht oder von Menschen, die keine hinreichende Erfahrung mit Tieren haben. Der Tierhalter soll dabei beweisen, ob de das Tier dabei unterstützen kann, mit dieser Annäherung fertig zu werden. C: Festhalten Diese Übung prüft, ob das Tier es annehmen kann, festgehalten zu werden. Der Tierhalter soll in der Lage sein, sein Tier so zu unterstützen, dass es diese Situation akzeptieren oder gar begrüßen kann. D: Taumeln, Ungewöhnliches Gebärden In dieser Übung geht es um die Situation, dass sich eine Person in auffälliger oder unüblicher Weise verhält und dem Tier und Tierhalter nähert, sowie mit beiden interagiert. Das Tier soll dabei dennoch vertrauen zeigen. Geprüft wird auch, ob der Tierhalter hinreichende soziale Fähigkeiten besitzt mit einer solchen Person umzugehen und sich gleichzeitig mit dem Tier auseinanderzusetzen. E: Ärgerliches Brüllen In dieser Übung werden Tier und Tierhalter einer Situation ausgesetzt, in der eine Person lautstark und verbal aggressiv auftritt. Es wir geprüft, ob das Tier kontrolliert bleibt und ob der Tierhalter dem Tier dabei helfen kann, solche Situationen zu bewältigen. F: Stoß von hinten Diese Übung prüft, ob das Tier es bewältigt, wenn eine Person mit ihm zusammenstößt. Der Tierhalter sollte in der Lage sein, dem Tier bei der Bewältigung der Situation zu helfen. G: Eingekreist und berührt von vielen Menschen Tier und Tierhalter werden hier einer Gruppe von Menschen ausgesetzt, von denen viele gleichzeitig den Berührungskontakt zum Tier suchen. Es wir geprüft, ob das Tier mit damit fertig wird. Gleichzeitig soll geprüft werden, ob der Tierhalter die sozialen Fähigkeiten besitzt, sich nicht nur mit der Gruppe von Menschen zu unterhalten, sondern gleichzeitig noch auf das Wohlbefinden des Tieres aufmerksam zu bleiben. H: Ignorieren Ein Tier soll nicht unkontrolliert Besitz von Gegenständen nehmen. Diese Übung soll darum prüfen, ob es ein Spielzeug das auf dem Fussboden liegt auch ignorieren kann. Der Tierführer soll dabei zeigen, dass er einen entsprechenden Einfluss auf das Tier ausüben kann. I: Überraschende Begegnung Diese Übung prüft, ob das Tier auf eine überraschende freundliche Begegnung zurückhaltend und unaufdringlich reagiert. Es soll zum Beispiel nicht an einer anderen Person hochspringen. J: Gesamtbeurteilung Zusammenfassend soll noch beurteilt werden, ob der Tierhalter in all diesen Übungen die Initiative ergreifen kann und nicht nur reagiert bzw. inaktiv ist, wenn es um den Umgang mit seinem Tier geht.

Entwicklungsphasen, Beurteilung und Erziehung von Hundewelpen

Grundsätzlich zeichnen sich Hunde als äußerst anpassungsfähig an verschiedenste Lebensumstände aus. Kaum ein Tier hat es geschafft, sich so eng dem Menschen anzuschließen und bei ordnungsgemäßer Aufzucht und Haltung ein Familienmitglied zu werden. Die wichtigsten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Integration legen der Züchter, bei dem die Welpen ihre Prägungsphase verleben, und der spätere Halter, dessen wichtigste Aufgabe eine korrekte und liebevolle Sozialisierung seines zukünftigen Gefährten sein muss. Prägungsphase KONRAD LORENZ entdeckte bei Vögeln und Säugetieren eine Prägungsphase “, die EBERHARD TRUMLER dann bei Wölfen, sowie Haus- und Wildhunden untersuchte. Seine Bücher sind zu Standardwerken für Hundeerzieher und –ausbilder geworden. Prägung ist eine spezifische Art des frühen Lernens. Eine Besonderheit ist, dass das prägende Lernen nur innerhalb einer „sensiblen“ Phase möglich ist. Sie ist ein einmaliger und unwiederholbarer Vorgang. Sie ist ein Lernphänomen, bei dem Tiere auf die Objekte ihrer sozialen Beziehungen festgelegt werden. Verstreicht diese sensible Periode ungenutzt, so wird das Tier nicht geprägt, was zu schwerwiegenden lebenslangen Verhaltensstörungen führt. Gescheiterte Prägungsvorgänge sind irreversibel und therapieresistent! Somit ist von vornherein der Kauf eines Welpen bei einem unbekannten Züchter ein Risiko. Hunde werden als „Nesthocker“ blind, taub und hilflos geboren. Bei Nesthockern setzt die Prägungsphase erst ein, wenn die Sinnesorgane ausgeprägt arbeiten und die Bewegungen koordinierter werden, d.h. frühestens beginnend im Alter von drei bis vier Wochen. In der Prägungsphase der Welpen finden wir die einfachste Form des Lernens, das so genannte „Obligatorische Lernen“: Hierbei geht es um die Anpassung des Individuums an seine Umwelt. Es ist eine biologisch notwendige Anpassungsleistung, deren wichtigstes Element das Lernen durch Erfolgserlebnisse darstellt. Sein exploratives Verhalten lässt den Welpen immer wieder in Situationen kommen, die gemeistert werden wollen, wobei er im Spiel wichtige Verhaltensweisen für das spätere soziale Zusammenleben einübt und soziale Verhaltensweisen der älteren Rudelgenossen übernimmt, die er später seinerseits als „Traditionen“ an nachfolgende Generationen weitergibt. Bei Haushunden ist die Prägungsphase der wichtigste Lernabschnitt für das spätere Zusammenleben mit dem Mensch: In dieser Phase, gekennzeichnet durch die Neugier und die angeborene Lernbegabung, werden die Welpen auf den Menschen geprägt. Das ursprüngliche wölfische Scheu- und Meideverhalten wird sich später, da der Mensch als ungefährlicher Artgenosse kennen gelernt und angesehen wird, nicht mehr entwickeln. Fehler, die während dieser Prägungsphase im Umgang mit dem Welpen gemacht werden, sind beim Hund zeitlebens nicht mehr korrigierbar. Während dieser Phase muss man sich darum intensivst mit den Welpen beschäftigen. Unterlässt man es, werden sie ihr Scheuverhalten nicht mehr ablegen. Bereits im Alter von vier bis fünf Wochen zeigen Welpen die ersten Anzeichen von Aggression. Neben der Furcht ist diese Aggression ein wichtiger biologischer Faktor des Überlebens. Durch die innerartliche Aggression werden die stärksten, gesündesten und intelligentesten Individuen in Rivalenkämpfen selektiert, finden dadurch ihre Rangstellung und werden als Geschlechtspartner ausgewählt, was zum Heranzüchten besonders starker Tiere führt. Es kann also nicht Ziel einer Hundezucht sein, aggressionsfreie Tiere zu züchten. Unerwünscht ist lediglich unkontrollierbare Aggressivität; deren Ursache in falschen Aufzucht- und Ausbildungsbedingungen zu suchen ist. Sozialisierungsphase Für die Welpen beginnt mit ungefähr der neunten Lebenswoche die Sozialisierungsphase. Sie lernen durch ihr Aufwachsen im Rudel die Spielregeln des sozialen Zusammenlebens. Sie lernen Artgenossen kennen und haben Angst davor, sich zu weit von ihnen zu entfernen. Der Welpe wird in dieser Phase alles daran setzen, zu seiner Familie zurückzufinden. Er lernt darum zunächst die nähere Umgebung seines mütterlichen Lagers kennen, entfernt sich aber schrittweise immer weiter vom Körbchen, orientiert sich dabei auch immer wieder an älteren Rudelmitgliedern, vornehmlich Muttertier und einem eventuellen „Kindermädchen“. Hierbei macht er positive und negative Erfahrungen, die sich dem kleinen Welpen unauslöschlich einprägen. Erkennbar ist diese Phase am auffälligen Neugierverhalten und am Spiel. Die damit verbundenen Lernprozesse führen zu Verhaltensanpassungen. Sie bestimmen die individuelle „Handlungsfreiheit“ und müssen bei der Erziehung und besonders der Ausbildung des Hundes genutzt werden. Naturgemäß ist diese Form des Lernens beim Menschen am extremsten von allen Lebewesen ausgeprägt, in einem hohen Maße aber auch - zumindest im Vergleich mit anderen Säugetieren - beim Hund. Ein gravierender Fehler in der Hundehaltung ist demnach die Vernachlässigung der Lernfähigkeit, was in vielen Fällen zu schwerwiegenden Verhaltensstörungen des Hundes führen kann. Generell wird von vielen Hundehaltern die Tatsache ignoriert, dass Welpen auf soziale Kontakte mit ihren Wurfgeschwistern angewiesen sind, weil sie sich wichtige Verhaltensgrundlagen untereinander selbst beibringen. Die Kampfspiele häufen sich in diesem Lebensabschnitt, wobei die Welpen lernen, ihre eigene Stärke abzuschätzen und auch gezielt einzusetzen. Natürlich kommen ernsthafte Verletzungen bei diesen Spielen der Jungen untereinander kaum vor: Durch den Einsatz der nadelspitzen Milchzähne wird eine protestierende Reaktion des Wurfgenossen in Form eines Schmerzensschreies geradezu provoziert. Es treten jetzt allmählich jene Mechanismen in Erscheinung, die Beschädigung des Art- bzw. Rudelgenossen weitgehend verhindern. Gesunde Hunde aus ordnungsgemäßer und liebevoller Zucht, die hundegemäß während ihrer ersten Lebensmonate aufgezogen wurden, haben gar keine andere Chance als gute Hunde, verlässliche Freunde und Kameraden zu werden. Für die Jugendentwicklung aller sozial lebenden Tiere ist das Spielen von wesentlicher Bedeutung, ebenso wie für das psychische Wohlbefinden des erwachsenen Hundes. Wie auch beim Menschenkind, so lernen der Welpe und später der Junghund im Spiel vor allem in der Sozialisierungsphase Dinge, die sie im späteren Leben im sozialen Zusammenleben mit Artgenossen oder bei uns im „Familienrudel“ brauchen. In spielerischer Form können Aggressionen vermindert und die Rangordnung stabilisiert werden. Das Spiel dient als Puffer zwischen freundlichem und aggressivem Verhalten und verhindert den direkten Ausbruch einer schweren Aggression. Eine beginnende Aggression kann durch eine Spielaufforderung an den Sozialpartner abgeschwächt werden. Wer seinen Hund nicht im Spiel fordert und ihm die Grundregeln im Umgang mit seinem menschlichen Sozialpartner nicht beibringt, der die Stelle des einstigen Rudelgenossen eingenommen hat, wird einen Hund erhalten, der sich dem Menschen gegenüber nicht sozial verhält, d.h. ihn im schlimmsten Fall verletzt oder gar tötet. Die spätere Rangordnung zeichnet sich früh, innerhalb der Welpen eines Wurfes ab, wobei dieser Wurf mit seiner Rangordnung aber noch außerhalb der eigentlichen Rangordnung des Rudels lebt. Schon innerhalb der Junghunde eines Wurfes sind starke individuelle Unterschiede zu beobachten: Einige stärkere und größere können versuchen, kleinere und schwächere Individuen zu dominieren. Ein Kleiner kann sich aber durchaus erfolgreich zur Wehr setzen und sein Recht behaupten, er kann aber auch - wenn er nicht genügend Selbstbewusstsein besitzt - zum „Prügelknaben“ werden. Damit ein Sozialgefüge entstehen kann, müssen die Junghunde in ihrem Charakter unterschiedlich sein. Diese vielfältigen Unterschiede, die die große Variabilität des Verhaltensrepertoires des einzelnen Individuums als auch später des ganzen Rudels verursachen, sind natürlich verankert. Der Vaterrüde hat im intakten Sozialverband gegen Ende der Sozialisierungsphase sein Verhalten gegenüber den Junghunden geändert, er ist autoritärer geworden und bringt ihnen eine straffe Disziplin bei. Hunde schätzen Autorität, aber keinen Despotismus. Die Erziehung erfolgt konsequent und sollte als Vorbild für die Erziehung unseres eigenen Junghundes dienen, die spätestens in diesem Lebensabschnitt ernsthaft einsetzen sollte, um die in der Prägungsphase begonnene Sozialisierung auszudehnen und zu festigen. Die Sozialisierungsphase ist derjenige Abschnitt im Leben des Hundes, der für die Beziehung zwischen ihm und dem Menschen nächst der Prägungsphase die größte Bedeutung hat, hier werden die Grundsteine für die gesamte weitere Entwicklung des Hundes als soziales Tier gelegt. Der Hund muss lernen, sich in das Leben in der Gemeinschaft (in das „Familienrudel“) einzugliedern und die Fähigkeit ausbilden, sich unterzuordnen und seine Stellung als Rangniederster zu akzeptieren. Geschieht das nicht, erhält man einen Hund, der sich nicht freudig unterordnen kann, sondern bestenfalls ein Tier, das eine erzwungene Unterwürfigkeit aufweist. Rangordnungsphase (ungefähr ab der 13. - 16. Lebenswoche) Die Rangordnung hat sich innerhalb der Junghundschar schon in spielerischer Form in den vorhergegangenen Wochen locker entwickelt, man konnte schon die „Klein-Alphas“ deutlich ausmachen. Nun aber ist sie festgelegt und wird sich für einen längeren Zeitraum innerhalb der Tiere einer Altersgruppe bzw. eines Wurfes nicht mehr ändern. Die „Klein-Alphas“ verhalten sich unter Altersgenossen wie der Alpha-Rüde im Verband der adulten Rudelmitglieder, nur dass die „Klein-Alphas“ sich sehr viel aggressiver gebärden können. Das Aufstellen der Rangordnung der Adulten - d.h. das Etablieren einer absoluten sozialen Hierarchie - erfolgt meist unter aggressiven Handlungen, wobei es im Normalfall nicht zu ernsthaften Verletzungen kommt. Bei Hunden ist dabei die körperliche Stärke nicht unbedingt für die Stellung innerhalb der Rangordnung entscheidend, sondern vor allem die Intelligenz und ein gesundes Selbstbewusstsein, das der geschickte Alpha in unnachahmlicher Weise zum Ausdruck bringt, und das wir allgemein als Dominanz bezeichnen. Hierzu gehört aber auch eine besondere Bereitschaft zum sozialen Zusammenleben, was nicht zuletzt durch die Fürsorglichkeit gegenüber den Welpen demonstriert wird. Vom Temperament her sind extrem aggressive und andererseits sehr ängstliche Hunde für höhere Positionen im Rudel überhaupt nicht geeignet. Sie sind eher Individuen, die zwischen Angst und Angriffslust die Waage halten und es verstehen, ihr jeweiliges Verhalten situationsbedingt zu modifizieren. Und genau diese Ängstlichen Tiere müssen wir für unsere therapeutische Arbeit ausscheiden. Sie sind in ihrem Sozialverhalten viel zu schwer berechenbar. Das Dominanzverhalten - hierzu gehört natürlich auch die Unterwerfung - ist zwar unseren Hunden angeboren, gehört aber in dieser Form nicht unbedingt zum ursprünglichen Verhaltensrepertoire des Menschen; der Mensch muss es also intellektuell lernen, seine Dominanz dem Hund zu signalisieren. Dominanz hat aber, was viele Hundehalter und vor allem -ausbilder oft verwechseln, nichts mit Strenge oder gar Härte zu tun. Ein Hundehalter, der sein Tier wegen seiner vermeintlichen oder tatsächlichen physischen Überlegenheit verprügelt, erreicht damit kein zuverlässiges Gehorchen oder Unterordnung, er zerstört lediglich nachhaltig durch eine dem Hund unverständlich aggressive Haltung die soziale Bindung. Ein übermäßig aggressives Tier wird also niemals zum Alphatier aufsteigen, allein schon weil es durch sein Verhalten erwünschte bzw. sogar überlebensnotwendige soziale Verhaltensweisen verhindert. Die anderen Rudelmitglieder entwickeln in seinem Beisein ebenfalls starke Aggressionen, oder sie meiden es, d.h. sie fliehen und zwingen den Aggressor in die soziale Isolation. Rudelordnungsphase Der Rangordnungsphase schließt sich die Rudelordnungsphase an, in der unsere Haushunde lebenslang verbleiben. Die jungen Hunde müssen Erfahrungen beim Zusammenarbeiten, unbedingte Disziplin unter Anerkennung des erfahrenen Jagdführers, sowie Arbeitsteilung lernen. Die Jungtiere erfahren dabei die Vorteile des Lebens in einem wohlgefügten Sozialverband, bis sie nach der mehrjährigen Lernphase, in der sie ihre eigenen Erfahrungen mit der der Älteren vereinigt haben, außer der Geschlechtsreife auch die soziale Reife erreicht haben. Da sich die Tiere eines Rudels untereinander kennen und auch um die Rangstellung des anderen wissen, wird verhindert, dass bei jedem Konflikt die Stärke des Gegners getestet werden muss. Die Rangordnung wird zwar in fast allen Fällen aggressiv, aber in Form von Ritualen („Kommentkämpfen“) und ohne die Absicht, dem anderen ernsthaft zu schaden, ausgetragen. Den Wölfen und auch ursprünglichen Hunden stehen hier eine Fülle von Droh- und Imponiergebärden und - gehaben zur Verfügung, die der Gegner erwidern kann. Ist die Rangordnung erst einmal festgelegt, kann das Zusammenleben im Rudel so friedfertig werden, dass man die Existenz einer solchen starken sozialen Schichtung nicht auf den ersten Blick vermuten würde. Es sind immer einzelne herausragende Tiere, die den Zusammenhalt des Rudels als Leittiere beeinflussen, wobei aber nochmals deutlich darauf hingewiesen werden muss, dass der sogenannte „Leitwolf“ eine Fiktion aus romantisierenden Abenteuergeschichten ist. Dennoch ist es vor allem der Alpharüde, der eine wichtige Position beim Zusammenhalt des Rudels einnimmt. Ebenso unter den Rangniederen gibt es ausgesprochene Freundschaften, wenn zwei Individuen sich gegenseitig attraktiv finden. Die stärkste gegenseitige Attraktion und auch die stärksten Bindungen finden wir bei den ranghohen Adulten, die für die anderen im Zentrum des Interesses stehen, und in deren Nähe sich das Rudel bevorzugt aufhält. Unter diesen Hunden finden sich die für ein therapeutisches Arbeiten geeignetsten. Wölfe haben ein ausgefeiltes Kommunikationssystem. Diese Kommunikation über optische, akustische und olfaktorische Kanäle finden wir auch bei unseren Hunden wieder. Unsere Hunde, von Geburt an scharfe Beobachter, erkennen unsere Absichten, wenn wir für uns meist unbewusste und auch unbemerkte Körpersignale aussenden. Wenn der Hund darauf reagiert, vermutet der Mensch nicht selten einen „sechsten Sinn“ bei seinem Vierbeiner. Ein Wolfsrudel stellt eine wechselseitige Form des Zusammenlebens unter starken autoritären Anführern dar. Das Rudel gibt dabei aber auch jedem Individuum die Freiheit, sich seinen Möglichkeiten gemäß frei zu entfalten. Gerade die Tatsache, dass jedes einzelne Tier einen bestimmten Rang einnimmt und dort diese Fähigkeiten zum Wohl des Rudels einsetzt, macht diese Lebensgemeinschaft so ungemein lebens- und überlebenstüchtig. Wenn in den Rangordnungskämpfen der Platz und die Stellung des einzelnen Tieres festgelegt und dann allgemein ist, entsteht durch Aktionen und Reaktionen des einzelnen Wolfes in der Gesamtheit des Rudels die in der Natur so einmalig erfolgreiche Sozialstruktur. Die Bindung innerhalb eines Wolfsrudels wird dabei durch ein für uns nur schwierig zu verstehendes soziales Zusammengehörigkeitsgefühl ermöglicht, das auch das Verhältnis zwischen Mensch und Hund zu einer festen Bindung werden lassen kann. Dieses Gefühl und diese Bindung können sich nur auf der Basis gegenseitigen Vertrauens entwickeln, die absolut frei von Furcht sein muss. Entgegen der leider auch heute noch - besonders in Kreisen von sogenannten „Hundesportlern“ der herkömmlichen Art - weitverbreiteten Ansicht, der Hund müsse seinen Herrn fürchten, ist Angst ein Faktor, der diese innere Bindung nicht zustande kommen lässt. Aus genau diesem Grund wird ein aggressiver Raufer niemals die Alpha-Position in einem Rudel einnehmen, und aus dem gleichen Grund erreichen wir mit brutalen Methoden und Prügeln nichts bei der Erziehung unseres Hundes, wir zerstören lediglich sein Vertrauen. Literatur - TRUMLER, Eberhard: Mit dem Hund auf du. München (1971) - TRUMLER, Eberhard: Hunde ernst genommen. München (1974) - TRUMLER, Eberhard: Das Jahr des Hundes. Mürlenbach (1984) - TRUMLER, Eberhard: Der schwierige Hund. Mürlenbach (1986) - TRUMLER, Eberhard: Trumlers Ratgeber für den Hundefreund. München (1993) - WEIDT, Heinz & Dina BERLOWITZ: Das Wesen des Hundes. Augsburg (1998)
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Im Rahmen einer 3-tägigen Fortbildung zum Einsatz von Hunden in der Psychotherapie und pädagogischen Arbeit sollten die Teilnehmer auch Informationen über die Auswahl eines Therapiehundes bekommen. Dieses Skript ist dafür entstanden.
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