Klaus Walter Coaching und Supervision
Resilienz
„Inmitten der Schwierigkeit liegt die Möglichkeit“ (Albert Einstein)
Einführung in das Thema
Als
Sigmund
Freud
mit
der
Psychoanalyse
zu
Anfang
des
20.
Jahrhunderts
seinen
psychotherapeutischen
Ansatz
entwickelte,
bahnte
er
den
Weg
für
die
bessere
Beachtung
seelischer
Vorgänge
im
Rahmen
der
heilenden
Wissenschaften.
Aber
er
legte
damit
auch
eine
bestimmte
Perspektive
fest,
mit
der
Menschen
unter
dem
Blickwinkel
ihrer
seelischen
Verletzungen
und
Belastungen
betrachtet
wurden.
Unser
Verhalten,
Denken
und
Fühlen
wurden
danach
vorwiegend
als
Auswirkung
beeinträchtigender
Umstände
und
ihrer
Abwehr
verstanden.
Damit
realisierte
die
neu
entstandene
Psychoanalyse
eine
auf
das
Defizit
fokussierte
Betrachtungsweise.
Der
Hintergrund
war,
dass
Freuds
Ansatz
ja
auf
die
Heilung
ausgerichtet
war.
Dabei
sah
er
den
Arzt
oder
Therapeuten
als
kompetent
an,
diese
zu
bewirken.
Freuds
Leistungen
waren
bedeutsam
und
bahnbrechend,
aber
man
darf
nicht
Übersehen,
dass
von
der
neu
entstandenen
psychoanalytischen
Behandlungs-
und
Denkweise
auch
eine
gewisse
Entmündigung
des
Patienten
ausging.
Die
Ressourcen
des
zu
Behandeln-den
wurden
zu
wenig
beachtet.
In
meiner
Tätigkeit
als
Psychotherapeut
werde
ich
regelmäßig
mit
Erinnerungen
von
Menschen
konfrontiert.
Meine
Patienten
berichten
über
ihre
seelischen
Narben,
die
verschiedenste
Verletzungen,
Missachtung
und
Trennungen
bei
ihnen
hinterlassen
haben.
Aber
sie
reden
manchmal
auch
über
die
schönen
Augenblicke,
die
sie
in
ihrem
Leben
erfahren
haben.
Wenn
ich
frage,
wie
sie
ihre
Belastungen
verkraftet
haben,
sprechen
sie
nicht
selten
über
ihre
Hoffnungen,
die
aus
diesen
schönen
Augenblicken
genährt
wurden.
Sie
sprechen
über
einzelne
Menschen,
die
an
sie
geglaubt
haben,
über
ihren
Goldhamster,
„für
den
sie
doch
verantwortlich
waren“,
über
den
Rückzugsort
im
Wald,
den
sie
sich
geschaffen
hatten, über die Musik, die ihnen Kraft gegeben hat und vieles mehr.
Immer
wieder
erstaunt
es
mich,
was
Menschen
mit
diesen
positiven
Bildern
und
EindrÜcken
zu
verkraften
vermögen,
ohne
an
ihrer
Last
zu
zerbrechen.
Sie
haben
Schaden
an
ihrer
Seele
und
manchmal
auch
an
ihrem
Körper
genommen,
aber
sie
leben
weiter,
bewahren
sich
ihre
Bilder
und
Eindrücke
mit
der
Hoffnung
auf
eine
bessere
Zukunft,
können
sich
vertrauensvolle,
nährende
Beziehungen
vorstellen,
haben
eigene
Interessen
entwickelt,
haben
nicht
selten
auch
Fähigkeiten,
anderen
etwas
zu
geben.
Selbst
in
den
Menschen
mit
den
schwersten
psychiatrischen
Diagnosen
sind
solche
Fähigkeiten
zu
finden.
Doch
oft
sind
diese
Ressourcen
auch
verschüttet,
werden
von
der
Umwelt
nicht
erkannt
oder
missverstanden.
So
können
sie
von
betroffenen
Menschen
nicht
hinreichend
aktiviert oder im vollen Umfang genutzt werden.
Im
Folgenden
möchte
ich
den
Blick
auf
diese
Ressourcen
von
Menschen
richten
–
auf
unsere
eigenen
als
Helfer
und
auf
die
der
jungen
Menschen
in
unserer
Betreuung.
In
der
Fachliteratur
wird
hierfür
der
Begriff
Resilienz
verwendet.
Ich
möchte
dazu
beitragen,
dass
dieses
Konzept
stärker
beachtet
wird
und
der
Leser
über
einen
Wechsel
seiner
Perspektive
nachdenkt.
Was ist Resilienz?
Mit
Resilienz
(Übersetzt:
Belastbarkeit,
Elastizität,
Unverwüstlichkeit)
wird
die
Fähigkeit
bezeichnet,
Krisen
und
Probleme
durch
Rückgriff
auf
persönliche
und
soziale
Ressourcen
zu
meistern und als Anlass für Entwicklungen zu nutzen.
Mit „Resilienz“ verwandt sind die Begriffe …
Salutogenese
Hiermit
werden
jene
Faktoren
und
dynamische
Wechselwirkungen
erfasst,
die
zur
Entstehung
(Genese)
und
Erhaltung
von
Gesundheit
führen.
Der
resiliente
Mensch
vermag
diese
Faktoren und Wechselwirkungen intuitiv oder intellektuell zu erfassen und zu nutzen.
Coping
Coping
(Übersetzt
mit
„Bewältigungsstrategie“)
beschreibt
die
Art
des
Umgangs
mit
einem
als
bedeutsam
und
schwierig
empfundenen
Lebensereignis
oder
einer
Lebensphase.
Der
resiliente Mensch kann auf Coping-Mechanismen zurückgreifen und sie auch kreativ entwickeln.
Resilienz
ist
also
kein
Repertoire
von
einzelnen
Fertigkeiten,
sondern
eine
universelle
Fähigkeit,
eine
Charaktereigenschaft
oder
Haltung,
an
die
Dinge
konstruktiv
heranzugehen.
Resiliente
Personen
vertrauen
nicht
auf
Glück
oder
Zufall.
Die
Vorstellung,
mit
einem
Lottogewinn
jede
Schlammassel
zu
überwinden,
die
Hoffnung,
dass
ein
dünnes
Brett
Über
den
Abgrund sicherlich schon halten wird, hat nichts mit Resilienz zu tun, sondern fällt eher unter den Begriff Aberglauben.
Resiliente
Menschen
nehmen
dagegen
die
Dinge
selbst
in
die
Hand.
Sie
ergreifen
Möglichkeiten,
wenn
sie
sich
bieten.
Sie
haben
ein
Bild
von
ihren
Fähigkeiten
und
den
gegenwärtigen
Bedingungen ihrer Umwelt.
Der
Begriff
wird
zum
Beispiel
für
Kinder
verwendet,
die
in
einem
sozialen
Umfeld
aufwachsen,
das
durch
Risikofaktoren
wie
zum
Beispiel
Armut,
Drogenkonsum
oder
Gewalt
gekennzeichnet
ist,
und
die
sich
dennoch
zu
erfolgreich
sozialisierten
Erwachsenen
entwickeln.
Auch
Menschen,
die
nach
einem
Trauma,
wie
etwa
Vergewaltigung,
dem
plötzlichen
Verlust
nahestehender
Angehöriger
oder
Kriegserlebnissen
die
Fähigkeit
entwickeln
weiterzumachen, werden als resilient bezeichnet.
Wie entsteht Resilienz in der Kindheit?
In
unserem
Leben
kann
unser
Weg
zu
guter
oder
mangelnder
Resilienz
bildlich
gesprochen
durch
eine
Weichenstellung
erfolgen.
Wir
bringen
eine
genetische
Veranlagung
mit,
die
auf
den
Einfluss
der
Umgebung
in
unserer
frühen
Kindheit
trifft
und
in
einer
Wechselwirkung
entfalten
wir
dann
ganz
unterschiedliche
Temperamenteigenschaften.
Es
sind
vor
allem
vier
Merkmale, mit denen Psychologen heutzutage das Temperament wissenschaftlich beschreiben:
ྕ
• Aktivität – Kraft, Stärke und Geschwindigkeit der Bewegungen, des Denkens und Sprechens
ྕ
• Reaktivität – Tempo und Stärke, mit der man auf äußere Reize reagiert
ྕ
• Emotionalität – Häufigkeit und Stärke, mit der Gefühle geäußert werden und die Stimmungen wechseln
ྕ
• Soziabilität – der Wunsch, die Nähe anderer zu suchen, und die Art und Weise, mit ihnen umzugehen
Diese
Merkmale
variieren
bei
jedem
Menschen,
geben
sein
individuelles
Bild
ab,
machen
ihn
fÜr
seine
Umgebung
attraktiv
oder
rufen
Ablehnung
hervor.
Die
Resilienz-Forschung
hat
dabei folgende Auswirkungen erkannt:
Positive Temperamenteigenschaften
Kinder
mit
positiven
Temperamenteigenschaften
rufen
die
zur
Resilienzentwicklung
erforderliche
soziale
Unterstützung
und
Aufmerksamkeit
bei
Betreuungspersonen
hervor.
Sie
aktivieren mit ihrem Temperament einen sich selbst verstärkenden positiven Kreislauf.
Unter solchen Bedingungen kann das Kind dann folgende Überzeugungen entwickeln:
ྕ
•
Ich habe Menschen, die mich gern haben und Menschen, die mir helfen.
ྕ
•
Ich bin eine liebenswerte Person und respektvoll mir und anderen gegenÜber.
ྕ
•
Ich kann Wege finden, Probleme zu lösen und mich selbst zu steuern.
Negative Temperamenteigenschaften
Gerade
jene
Kinder
die
auf
dem
Hintergrund
einer
belasteten
Vorgeschichte
einen
hohen
Bedarf
an
sozialer
UnterstÜtzung
und
Aufmerksamkeit
haben,
besitzen
diese
Temperamentei-
genschaften zumeist nicht. Ihre Selbstdarstellung und die Re-aktion der Umgebung mÜnden darum nicht selten in einem sich negativ verstärkenden Kreislauf.
Kurzbefragung:
Welchem Kind würden Sie ihre Katze zum Schmusen anvertrauen?
Auf welches Kind würden Sie gerne einen halben Tag aufpassen?
Welchem Kind trauen Sie zu, dass es bei „Grün“ über die Straße geht?
Wichtigste Erkenntnis daraus ist:
Kein Kind erzeugt Resilienz aus sich selbst heraus.
Bezugspersonen,
Kultur,
schulische
Umgebung,
Intelligenz
und
emotionale
Intelligenz
sowie
eine
mehr
oder
weniger
aktive
Einstellung
zu
Problemen
beeinflussen
wesentlich
die
Entwicklung
von
Resilienz.
Kinder
benötigen
darum
ein
emotional
positives,
unterstützendes
und
strukturierendes
Erziehungsverhalten.
Sie
brauchen
die
Erfahrung
von
Zusammenhalt,
Stabilität
und
konstruktive
Kommunikation
in
der
Familie
oder
in
ihrer
Bezugsgruppe.
Eine
enge
Geschwisterbindung
ist
hilfreich,
ebenso
wie
ein
unterstützendes
familiäres
Netzwerk.
Dessen
ungeachtet
kann
sich
Resilienz
aber
auch
unter
extrem
ungÜnstige
Bedingungen
bilden,
wenn
wenigstens
einige
Faktoren
wirksam
sind,
wenn
zum
Beispiel
eine
einzelne
bedeutsame
Bezugsperson
intakt
ist,
die
Vertrauen
und
Autonomie
fördert.
Die
pädagogisch-therapeutische
Aufgabe,
die
sich
in
der
Jugendhilfe
stellt
kann
somit
überschrieben werden mit dem Motto: „
Wir mÜssen den sich negativ verstärkenden Kreislauf unterbrechen und einen positiven Kreislauf initiieren
“.
Wie kann man Resilienz fördern?
Hierfür lassen sich 3 Faktoren beschreiben (siehe
Werner, E. E. & Smith, R. S. (1982). Vulnerable but invincible: A study of resilient children. New York: McGraw-Hill).
Faktoren des Individuums
Wie
schon
festgestellt,
können
Kinder
durch
ihr
Temperament,
ihre
Erscheinung
bei
den
sie
betreuenden
Personen
als
Kleinkinder
positive
Reaktionen
hervorrufen.
Befragte
Erwachsene
beschreiben
solche
Kinder
als
liebevoll,
anschmiegsam,
freundlich,
"pflegeleicht"
und
aktiv.
Diese
Kinder
sind
in
ihrer
motorischen
und
sprachlichen
Entwicklung
weiter
und
können
sich
selbst
besser
helfen
als
diejenigen
gleichaltrigen
Kinder,
die
später
Schwierigkeiten
im
Leben
haben.
Als
Zehnjährige
haben
diese
Kinder
bessere
Testergebnisse
hinsichtlich
der
Fertigkeiten
in
der
Lösung
praktischer
Probleme.
Sie
können
besser
lesen
als
diejenigen,
die
später
Lernschwierigkeiten
oder
Verhaltensprobleme
entwickelten.
Außerdem haben sie die Fähigkeit, stolz auf sich zu sein (hohes Selbstwertgefühl) und sie helfen bereitwillig anderen Menschen, die Hilfe brauchten.
Im
fortgeschrittenen
Jugendalter
haben
diese
Kinder
den
Glauben
an
die
eigene
Wirksamkeit
entwickelt
und
sind
davon
überzeugt,
dass
sie
Probleme,
mit
denen
sie
konfrontiert
waren,
durch
eigenes
Handeln
bewältigen
können
(Selbstwirksamkeit).
Im
Vergleich
zu
denjenigen
ihrer
Altersgenossen,
die
ihre
Probleme
nicht
bewältigen
können,
sind
ihre
schulischen
und
beruflichen Pläne realistischer und ihre Erwartungen an ihr zukünftiges Leben höher.
Um
die
Faktoren
des
Individuums
wirksam
werden
zu
lassen,
sie
fördern
zu
können,
müssen
wir
nach
den
individuellen
positiven
Eigenschaften
des
jeweiligen
jungen
Menschen
suchen,
sie
uns
bewusst
machen,
sie
beschreiben.
Wir
müssen
uns
fragen,
was
wir
an
ihm
mögen
können.
Hilfreich
ist
dabei,
den
Grund
für
sein
So-Sein
zu
begreifen
und
sein
störendes
Verhalten
im
Rahmen
einer
Umdeutung
als
Überlebensstrategie
oder
–fähigkeit
zu
begreifen
versuchen.
Als
therapeutische
Methode
wurde
hierfür
das
sogenannte
Reframing
entwickelt
(
Siehe das Kapitel zum Reframing)
.
Faktoren der Familie
Untersuchungen
wiesen
nach,
dass
resiliente
Menschen
schon
früh
in
ihrem
Leben
die
Gelegenheit
hatten,
eine
enge
Bindung
an
eine
Bezugsperson
zu
knüpfen,
die
kompetent
und
emotional
stabil
war
und
sensibel
auf
die
kindlichen
Bedürfnisse
ein-gehen
konnte.
Waren
es
nicht
die
Eltern,
so
kamen
diese
Bezugspersonen
zum
Großteil
aus
dem
Umfeld
der
Kinder,
z.B. die Großeltern, ältere Geschwister, Onkel und Tanten. Resilienzkinder scheinen ein besonderes Geschick darin zu haben, solche "Ersatzeltern" für sich zu gewinnen.
In
den
Kontakten
mit
ehemaligen
jugendlichen
Patienten,
die
ich
über
die
Jahre
hatte,
sehe
ich
diese
Aussagen
bestätigt.
Viele
der
später
erfolgreichen
oder
zufriedenen
Menschen
benannten
einzelne
Personen
aus
den
Einrichtungen
–
PädagogInnen
oder
auch
mich,
den
Therapeuten
–
als
bedeutsam
für
ihren
Weg.
Ich
habe
dabei
Sätze
gehört,
wie:
„Da
hat
wenigstens jemand an mich geglaubt“ oder „Es war wichtig, wenigstens einen zu haben, der wissen wollte, wie es mir geht“.
Resiliente
Jungen
stammten
meistens
aus
Familien,
in
denen
eine
männliche
Person
als
Identifikationsmodell
und
Bezugsperson
dienen
konnte.
Außerdem
wurden
diese
Jungen
immer
wieder
ermutigt,
ihre
Gefühle
zum
Ausdruck
zu
bringen.
Resiliente
Mädchen
kamen
vorwiegend
aus
Familien,
in
denen
Unabhängigkeit
eine
große
Rolle
spielte
und
in
der
eine
weibliche
Betreuungsperson
ihnen
zuverlässig
Unterstützung
gab.
Außerdem
waren
viele
dieser
Familien
religiös,
was
ihrem
Leben
einen Sinn und eine gewisse zusätzliche Stabilität verlieh.
Es
macht
also
Sinn,
vergleichbare
Strukturen
in
einer
„Ersatzfamilie“
oder
auch
in
einer
pädagogischen
Wohngruppe
zu
realisieren,
sich
als
Bezugsperson
anzubieten,
Jungen
zu
ermutigen,
über
ihr
inneres
Erleben
zu
sprechen,
alternative
männliche
Rolle
anzubieten
(„auch
ein
Indianer
kennt
den
Schmerz“),
Mädchen
in
einer
unabhängigen
Frauenrolle
Vorbild
zu
sein,
sie
in
ihrer
Autonomie
zu
fördern, sich in der Gruppe mit spirituellen Themen auseinander zu setzen.
Faktoren des Umfeldes
Ein
weiteres
wichtiges
Ergebnis
der
Forschung
war,
dass
sich
resiliente
Menschen
in
ihrer
Jugend
vorwiegend
auf
Gleichaltrige
oder
Ältere
in
ihrem
engeren
und
weiteren
Umfeld
verließen,
wenn
sie
emotionale
Unterstützung
suchten
oder
einen
Rat
in
besonderen
Krisenzeiten
brauchten.
Dies
konnten
Lieblingslehrer,
fürsorgliche
Nachbarn,
Eltern
eines
Freundes
oder
einer
Freundin,
ältere
Betreuer,
Pastoren
oder
Pfarrer,
Jugendleiter
oder
Mitglieder kirchlicher Gruppen sein. Diese Personen dienten dann häufig als positives Rollenmodell.
Es
ist
also
erstrebenswert,
die
Solidarität
unter
den
jungen
Menschen
einer
Wohngruppe
zu
fördern,
die
Beziehungen
in
positive
Bahnen
zu
lenken,
Außenkontakte
und
Integration
in
Gruppen verschiedenster Thematik zu ermöglichen, hierzu zu motivieren.
Ein
besonders
auffälliger
Befund
der
Studien
war,
dass
sich
die
meisten
der
problembehafteten
Jugendlichen
bis
zum
Erreichen
des
mittleren
Lebensalters
stabilisiert
hatten.
Sie
befanden
sich
in
stabilen
Ehen
und
beruflichen
Situationen,
waren
mit
ihren
Beziehungen
zu
ihren
Partnerinnen
und
Partnern
sowie
ihren
Kindern
zufrieden
und
hatten
sich
zu
verantwortungsbewussten
Bürgern
ihres
Gemeinwesens
entwickelt.
Als
ausschlaggebend
für
den
Wendepunkt
im
Leben
dieser
im
Jugendal-ter
problembehafteten
Menschen
wurden
folgende Umstände erkannt:
•
Kontinuierliche Ausbildung an Fachhochschulen und Bildungseinrichtungen für Erwachsene
•
Schulische und berufliche Fertigkeiten, die die Männer während des Militärdienstes erworben hatten
•
Ehe mit einer stabilen Partnerin oder einem stabilen Partner
•
Hinwendung zu einer Glaubensgemeinschaft oder Kirchengemeinde, in der aktives Engagement verlangt wurde
•
Genesung von einer lebensbedrohlichen Krankheit oder einem Unfall
•
Psychotherapie
Sucht
man
nach
dem
Gemeinsamen
in
diesen
Punkte,
dann
kann
man
erkennen,
dass
es
sich
um
geregelte,
stabile,
fördernde
und
herausfordernde
Umgebungen
oder
Situationen
handelt,
in
denen
Menschen
Halt,
Kontakt,
Wertschätzung
finden
konnten,
sich
selbst
konsolidieren
und
erfahren
konnten,
dass
sie
jemand
sind,
der
bewältigungs-
und
leistungsfähig
ist.
In der Erforschung von Resilienz wurden immer wieder einzelne Aspekte der Umwelt auf ihre Wirksamkeit hin betrachtet. Einige interessante Ergebnisse habe ich hier herausgesucht:
•
Kinder profitieren von Eltern, die sich nicht isolieren, sondern aktiv den Kon-takt zu Gleichgesinnten suchen und soziale Verantwortung Übernehmen.
•
Kinder
sollten
die
Möglichkeit
erhalten,
Verantwortung
in
der
Schule
oder
in
anderen
Gruppen
zu
Übernehmen.
Wenn
ihnen
diese
Möglichkeit
gegeben
wird,
neigen
sie
weniger
zu deviantem Verhalten.
•
Gruppen und Bildungseinrichtungen sollten klare, transparente und konsis-tente Regeln und Strukturen sowie ein wertschätzendes Klima anbieten.
•
Hilfreich ist ein hoher, aber angemessener Leistungsstandard, ergänzt durch positive Verstärkung der Leistungen.
•
Nützlich sind positive Peerkontakte.
•
Gefördert werden sollten nicht nur spezifische Schulleistung, sondern auch Basiskompetenzen (z.B. sozialer Umgang, Sich-Einbringen etc.).
•
Als
besonders
resilient
erweisen
sich
Gruppen,
die
einen
starken
Zusam-menhalt
haben,
eher
kollektivistisch
als
individuell
orientiert
sind
und
sich
durch
starke
Werte
auszeichnen, die von den meisten Leuten aus der ent-sprechenden Gruppe geteilt werden (in der Resilienzforschung als „shared values“ bezeichnet).
Menschen,
die
als
Kind
nicht
diese
positiven
Faktoren
erleben
konnten
oder
erheblichen
Belastungen
ausgeliefert
waren,
sind
für
eine
Entwicklung
von
Resilienz
aber
nicht
verloren.
Die
Erforschung
verschiedener
Fördermodelle
und
Lebensbedingungen
hat
vielmehr
gezeigt,
dass
Resilienz
im
Kindesalter
auch
unter
ungünstigen
Bedingungen
entstehen
und
im
späteren
Leben noch erworben werden kann.
Als Beispiele fÜr eine gelungene Förderung mögen die Ergebnisse folgender Arbeiten gelten:
·
•
Der
Psychologe
Nathan
Caplan
untersuchte
arme
Flüchtlingsfamilien
in
den
USA,
in
denen
die
Eltern
eine
geringe
Bildung
hatten.
Er
stellte
fest,
dass
sich
die
Mehrheit
der
Kinder
dennoch
als
resilient
erwies.
Emotional
am
stabilsten
und
schulisch
am
erfolgreichsten
waren
jene
Kinder,
deren
Eltern
und
ältere
Geschwister
viel
Wert
auf
Bildung
legten
und
Bildung
nicht
als
Mittel
zum
Zweck
betrachteten,
sondern
als
Selbstzweck.
Einen
besonders
positiven
Einfluss
hatte
es,
wenn
die
Eltern
den
Kindern
vorlasen,
weil
hierdurch
die emotionale Bindung zwischen Eltern und Kindern gestärkt wurde.
·
▪
Nathan Caplan et al.: Indochinese Refugee Families and Academic Achieve-ment. In: Scientific American. Ausgabe Februar 1992, S. 24
▪
Nathan Caplan et al.: The Boat People and Achievement in America: A study of family life, hard work, and cultural values. University of Michigan Press (1989),
▪
Nathan Caplan et al. (1992): Indochinese Refugee Families and Academic Achievement, In: Scientific American, Ausgabe Februar 1992; S. 18-24
·
·
•
Untersuchungen
an
adoptierten
Kindern
aus
Drittweltländern,
die
unterernährt
waren
und
traumatische
Kindheitserfahrungen
gemacht
hatten.
Die
Kinder
wurden
von
amerikanischen
Familien
aus
der
oberen
Mittelschicht
adoptiert.
Entgegen
der
Annahme,
dass
diese
Kinder
unter
schweren
Beeinträchtigungen
leiden
würden,
erwiesen
sie
sich
als
Überdurchschnittlich
intelligent
und
überdurchschnittlich
sozial
kompetent.
Verantwortlich
gemacht
werden
die
stabilen
Familienverhältnisse.
(
Clark,
Audry
&
Hanisee,
Janette (1982): Intellectual and Adaptive Perfor-mance of Asian Children in Adoptive American Settings, Developmental Psy-chology, Vol 18, No 4., Seite 595-599)
·
Einmal
gemachte
schlechte
Erfahrungen
müssen
also
nicht
das
gesamte
weitere
Leben
eines
Menschen
prägen.
Kein
Mensch
ist
seinem
Schicksal
hilflos
ausgeliefert.
Jeder
Mensch
bringt Resilienzfaktoren mit und diese Faktoren können bewusst breiter ausgebaut oder einzeln trainiert und erweitert werden.
Lernfelder für das Resilienztraining
Die
folgende
Aufzählung
soll
einen
Überblick
über
verschiedene
Felder
geben,
in
denen
Resilienz
gefördert
und
trainiert
werden
kann.
Die
Liste
eignet
sich
auch
als
Checkliste,
mit
der
nach vorhandenen Ressourcen und Bereichen mit Nachholbedarf gesucht werden kann. Die Liste ist den Büchern von Monika Gruhl entnommen.
•
Monika Gruhl: Die Strategie der Stehauf-Menschen: Resilienz - so nutzen Sie Ihre inneren Kräfte Herder-Verlag 2009.
•
Monika Gruhl: Die Strategie der Stehauf-Menschen: Krisen meistern mit Resilienz. Herder-Verlag 2010.
Optimistische Grundhaltung:
Positives Selbst- und Weltbild entwickeln.
Offen für Veränderung werden.
Positive Sprache nutzen.
Akzeptanz und Realitätssinn:
Die Welt ist mehrdeutig.
Perfektionsanspruch überprüfen.
Fehler als Chancen betrachten.
Die Kunst des Refraimings erlernen. Ja-sagen!
Lösungsorientiertes Denken und Handeln:
Handlungsspektrum erweitern. Kreativität. Flexibilität. Ideenvielfalt.
Experimentierräume schaffen.
Perspektiven wechseln.
Fähigkeit zur Selbstregulation:
Gesamtzusammenhänge betrachten.
Gefühlen Ausdruck geben.
Umgang mit Stress und Belastungen.
Selbstwirksamkeit erfahren.
Übernahme von Selbstverantwortung:
Opferrolle verlassen. Selbst aktiv werden.
Entscheidungen treffen. Mitgestalten. Sich versöhnlich zeigen.
Standortbestimmung.
Beziehungen pflegen:
Netzwerke aufbauen. Verbundenheit spüren.
Empathie, Wertschätzung zeigen.
Hilfe erfragen und annehmen. Teamwork erleben.
Zukunft gestalten:
Wohlgeformte Ziele entwickeln.
Sich fokussieren. Prioritäten setzen.
Optionen erkennen und Chancen ergreifen.
Improvisationstalent einsetzen:
Offenheit und Präsenz zeigen.
Spontan sein.
Lern- und Fehlerkulturen schaffen.
Umgang mit Neuem und Unvorhergesehenem.
Wie kann Resilienz in der Jugendhilfe gestärkt werden?
Wesentlich
ist
vermutlich
für
die
jungen
Menschen
in
unserer
Betreuung,
dass
sie
das
Vertrauen
in
ihre
eigenen
Gefühle
gewinnen
oder
wiedergewinnen.
Gelingt
dies,
dass
entsteht
daraus ein individueller Schutzfaktor. Damit lernen die jungen Menschen, dass eine Krise vorbeigeht, dass Trauer ein Ende haben wird.
Ein
weiterer
wichtiger
Bereich
ist
der
der
Aktivitäten.
Etwas
selbst
schaffen
und
dafür
Anerkennung
bekommen,
sich
mit
einem
Anliegen
Gehör
verschaffen
macht
stark.
Hierdurch
entsteht
das
Gefühl
von
Selbstwirksamkeit,
das
Wissen,
mit
den
eigenen
Handlungen
etwas
bewirken
zu
können.
Resiliente
Menschen
rechnen
nämlich
damit,
dass
ihre
Handlungen
Erfolg haben. Sie glauben an ihre Fähigkeiten. Sie wissen, dass sie etwas tun können, um eine Krise zu Überwinden, fühlen sich dem Schicksal nicht hilflos ausgeliefert.
Diese Bereiche sprechen wir als Betreuer mit folgenden Haltungen an:
•
Sei präsent für den jungen Menschen! Eine präsente, wohlwollende Beziehung hilft am besten resilient zu sein und Probleme zu bewältigen.
•
Zeige eine Haltung, die mitteilt:
„Was mit dir richtig ist, ist kraftvoller als das, was mit dir verkehrt ist!"
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Konzentriere dich mehr auf Stärken als auf Probleme und Schwächen! Eine hilfreiche Frage ist: Wie können die Stärken dazu benutzt werden, die Probleme zu bewältigen.
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Erlaube „negative“ Gefühle! Wer traurig, wütend oder geschockt sein darf, kennt die Gefühle, die in Krisen auftauchen - und kann mit ihnen umgehen.
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Richte eine „Sorgensprechstunde“ ein! Wer gelernt hat, sich Unterstützung zu holen, bekommt sie auch.
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Helfe,
Lösungen
zu
finden!
Lass
niemanden
im
Sumpf
stecken,
sondern
frage:
„Wie
kann
ich
dir
helfen,
da
wieder
rauszukommen?“.
Nimm
aber
dem
Jugendlichen
diese
Arbeit
nicht ab, sondern untersttze ihn auf seinem Lösungsweg.
•
Lob
wirkt
Wunder!
Nicht
nur
beste
Schulnoten,
sondern
auch
ganz
alltägliche
Leistungen
sind
es
wert,
bemerkt
und
gelobt
zu
werden.
So
entstehen
ein
gesundes
Selbstwertgefühl
und eine realistische Sicht, was jemand kann.
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Lass Fehler zu! Wer mit kleinen Frustrationen umgehen kann, hat es mit den gro¿en Unbilden leichter. Und hat einen Ansporn, selbst nach Lösungen zu suchen.
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Habe Geduld! Erfolgreich von einem schweren Trauma oder einer Krise wieder auf die Beine zu kommen, braucht Zeit.
Resilienz-Quiz
Es
ist
hilfreich
zu
wissen,
welche
deine
primären
„Resilienz-Bildner"
sind.
Wie
hast
Du
sie
in
der
Vergangenheit
verwendet?
Und
wie
kannst
Du
sie
nutzen,
um
die
gegenwärtigen
Probleme
in
Deinem
Leben
zu
bewältigen.
Kein
Mensch
verfügt
über
alle
Faktoren
der
folgenden
Liste.
Wenn
es
gut
ausfällt,
hast
Du
drei
oder
vier
dieser
Qualitäten,
die
Du
meistens
verwendest.
Persönliche Resilienzfaktoren
Mache
ein
Kreuz
bei
den
3
oder
4
Hauptfaktoren,
die
Du
meist
benutzt,
um
etwas
zu
bewältigen.
Frage
Dich,
wie
Du
diese
in
der
Vergangenheit
angewendet
hast
oder
wie
Du
sie
zurzeit
benutzt.
Denke
darÜber
nach,
wie
Du
diese
Resilienzfaktoren
am
besten
auf
aktuelle
Lebensprobleme,
Krisen
oder
Stressfaktoren
anwenden
kannst.Du
kannst
danach
ein
oder
zwei
Resilienzfaktoren auswählen, von denen Du glaubst, dass Du sie zu deinem Repertoire hinzufÜgen solltest.
O Beziehungen: Soziale Kompetenz, Fähigkeit zur Freundschaft, zum Herstellen positiver Beziehungen
O Humor: Sinn für Humor
O Zielgerichtetheit: Entscheidungen basieren auf inneren Bewertungen (Interne Kontrollüberzeugung)
O Wahrnehmungsvermögen: Einfühlsames Verständnis von Menschen und Situationen
O Unabhängigkeit: anpassungsfähiges Fernhalten von ungesunden Menschen und Situationen / Autonomie
O Positive Sicht der persönlichen Zukunft: Optimismus, positive Zukunftserwartungen
O Flexibilität: Veränderungsfähigkeit; Einstellen darauf, Situationen zu bewältigen
O Liebe zum Lernen: Aufnahmefähigkeit und Verbindung zum Lernen
O Selbst-Motivation: Innere Initiative und positiver innerer Antrieb
O Kompetenz: Irgendetwas gut können
O Selbstwert: Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen
O Spiritualität: Persönlicher Glaube an irgendetwas Höheres
O Ausdauer: Durchhalten trotz Schwierigkeiten; nicht Aufgeben
O Kreativität: Sich selbst durch künstlerisches BemÜhen ausdrücken
Ich
glaube
nicht
an
ein
Leben
nach
dem
Tod,
aber
für
alle
Fälle
nehme
ich
immer
Unterwäsche
zum
Wechseln
mit.
Woody Allen
„Wo bekommst du nur all deine Kraft her?“
Lassen Sie uns nach Antworten suchen!
Ich geben hier einige Anregungen.
Ich
war
der
beste,
den
ich
jemals hatte.
Woody Allen
„Wissen
Sie,
was
meine
Philosophie
ist?
Es
ist
wichtig,
Spaß
zu
haben,
aber
Sie
müssen
auch
ein
wenig
leiden,
weil
Sie
sonst
den
Sinn
des
Lebens nicht verstehen.“
Woody Allen
„Als
Kind
wollte
ich
einen
Hund
haben,
aber
meine
Eltern
waren
arm
und
sie
konnten
mir
nur
eine
Ameise kaufen.“
Woody Allen