Klaus Walter Coaching und Supervision
Wie sexuell ist kindliche Sexualität?
Kindliche Sexualität und erwachsene Sexualität
Kinder
sind
von
Geburt
an
sexuelle
Wesen,
doch
ihre
Sexualität
unterscheidet
sich
von der Sexualität Erwachsener:
Kinder
suchen
mit
allen
Sinnen
nach
maximalem
Lustgewinn.
Sigmund
Freud
hat
das
„polymorph
pervers“
genannt.
Kindliche
Sexualität
ist
gekennzeichnet
durch
Spontaneität,
Neugier
und
Unbefangenheit.
Kinder
kennen
zunächst
keine
Regeln,
die
sie
in
ihren
lustorientierten
Suchbewegungen
begrenzen.
Alles,
was
ihnen
gefällt
oder
was
sie
interessiert,
wird
gelebt
–
ganz
anders
als
bei
Erwachsenen,
die
viele
sexuelle
Wünsche
und
Gefühle
zurückhalten.
Erwachsene
erleben
sich
häufig
ge-
und
befangen
in
Verhaltensvorschriften.
Sie
sind
eher
genital
orientiert
und
ihre
breite sinnliche Ansprechbarkeit ist tendenziell verkümmert.
Kindliche
Sexualäußerungen
sind
meist
ganzheitlich,
d.h.
der
Kontakt
zum
eigenen
Körper
oder
dem
Körper
anderer
ergibt
sich
aus
der
Situation
und
kann
durch
Impulse
in
andere Bahnen gelenkt werden, unter Beteiligung von Körper, Geist und Seele. Erwachsene, insbesondere Männer sind ausgerichtet auf größtmögliche Erregung und Orgasmus.
Kinder
kennen
keine
Trennung
zwischen
Zärtlichkeit,
Sinnlichkeit
und
genitaler
Sexualität.
Sie
bewerten
die
verschiedenen
Genussmöglichkeiten
nicht,
sondern
nutzen
alle
Gelegenheiten,
um
schöne
Gefühle
zu
bekommen,
sich
wohl
und
geborgen
zu
fühlen,
Erregung
zu
spüren
oder
Möglichkeiten
zur
Erregungsabfuhr
zu
erhalten,
ihren
Körper
kennen zu lernen und sich der eigenen Geschlechtsidentität zu vergewissern.
Kindliche
Lustsuche
ist
also
egozentrisch,
nicht
beziehungsorientiert
wie
meist
bei
Erwachsenen.
Wenn
ein
kleines
Kind
schmust,
tut
es
das,
weil
es
ihm
gefällt,
nicht
weil
es
seine
Liebe zu der zärtlichen Person ausdrücken möchte.
Die
Befangenheit
der
Erwachsenen
stößt
sich
leicht
an
der
Direktheit
kindlicher
sexueller
Neugier
und
Lust(-suche).
Erwachsene
fühlen
sich
schnell
aufgerufen,
Schamgefühle
zu
vermitteln, auch um Kinder vor Übergriffen zu schützen.
Körperscham
entwickelt
sich
frühestens
mit
3,
meistens
aber
erst
ab
5
Jahren.
Spätestens
im
Alter
von
3
Jahren
werden
Eltern
mit
der
Tatsache
konfrontiert,
dass
Jungen
und
Mädchen sexuelle Wesen sind und wichtige Aufgaben zur Entwicklung ihrer geschlechtlichen Identität zu bewältigen haben.
Körper erforschen
Erwachsene
sehen
es
als
Zeichen
gesunder
Entwicklung,
wenn
Kinder
ihre
Umwelt
neugierig
erkunden,
Dinge
berühren,
greifen,
in
den
Mund
stecken.
Aber
zur
Erkundung
gehört
auch,
sich
selbst
kennen
zu
lernen:
Wo
bin
ich
empfindlich,
wie
viel
Kraft
habe
ich,
wie
laut
kann
ich
schreien,
wo
habe
ich
welche
Körperöffnungen,
wie
reagieren
meine
Genitalien
auf
welche
Berührungen?
Dies
herauszufinden
ist
für
das
Kind
ebenso
spannend,
wie
ein
Auto
auseinander
zu
nehmen
oder
einen
Käfer
zu
beobachten.
Aber
für
den
Großteil
der
Erwachsenen erscheint sexuelles Explorationsverhalten brisanter und verunsichernder, so dass es weniger Förderung erfährt, als andere kindliche Lernbestrebungen.
Sexuelles
Lernen
geschieht
durch
Selbst-
und
Fremduntersuchung.
Mit
Doktorspielen
wollen
Kinder
herausfinden,
wie
Andere
des
gleichen
bzw.
des
anderen
Geschlechts
aussehen.
Das
dabei
auch
Gegenstände
in
die
Scheide
gesteckt
werden,
löst
leicht
den
Verdacht
aus,
hier
könnte
eine
Wiederholung
von
selbst
erlebten
sexuellen
Übergriffen
vorliegen.
Die
Erforschung kindlichen Sexualverhaltens belegt aber, dass dies keinesfalls so sein muss.
Die
gemeinsamen
Besuche
der
Toilette,
wenn
Kinder
ein
anderes
beim
Pinkeln
beobachten,
dienen
der
Klärung
von
Fragen,
befriedigen
die
Neugier.
Verbote
in
diesem
Zusammenhang
legen
dem
Kind
nahe,
dass
es
in
Sachen
Körper
und
Sexualität
nicht
offen
wissbegierig
sein
darf.
Dies
kann
die
Fähigkeit
zu
einem
unbekümmerten
Umgang
mit
dem eigenen Körper und dem des Partners/ der Partnerin als erwachsener Mensch beeinträchtigen.
Sinne und Sinnlichkeit
Sinneseindrücke
sollen
gefördert
und
alle
Sinnesorgane
einbezogen
werden.
Je
stärker
Kinder
ein
Gefühl
dafür
bekommen,
wie
sie
sinnlich
ansprechbar
sind
im
Hören,
Sehen,
Schmecken,
Riechen,
Tasten
und
Fühlen,
desto
wahrscheinlicher
sind
seelische
Ausgeglichenheit
und
Wohlbefinden
und
die
Fähigkeit
sich
breit
gefächert
anregen
zu
lassen
statt
Befriedigung nur durch genitale Stimulation zu suchen – dies gilt gerade für Jungen und Männer.
Genitale
Genussfähigkeit
gehört
natürlich
auch
zum
kindlichen
Erleben.
Wenn
Kinder
die
Masturbation
entdecken,
suchen
sie
diese
Lustquelle
vermehrt
auf.
Kindliche
Selbstbefriedigung
erfährt
heutzutage
mehr
Akzeptanz,
aber
es
werden
Unterschiede
gemacht,
je
nachdem,
ob
ein
Junge
oder
ein
Mädchen
häufig
und
heftig
masturbiert.
Dann
kommt insbesondere bei Mädchen der Verdacht einer ungesunden Entwicklung.
Mütter
und
Erzieherinnen
-
oft
genug
ja
selbst
ohne
ein
positives
Verhältnis
zu
Selbststimulation
aufgewachsen
-
interpretieren
das
Verhalten
nicht
als
das,
was
es
zunächst
einmal
ist, nämlich als Ausdruck der Fähigkeit eines kleinen Mädchens, endlich autonom über den Körper und seine Lustquellen zu verfügen und diese auszukosten.
Mädchen oder Junge
Um
ein
Verständnis
von
der
eigenen
Männlichkeit
bzw.
Weiblichkeit
zu
gewinnen,
bedarf
es
immer
wieder
der
Auseinandersetzung
mit
dem
eigenen
und
dem
anderen
Geschlecht.
Bereits
im
Alter
von
zwei
Jahren
stellt
das
Kind
Fragen
zu
Geschlechtsunterschieden;
mit
vier
bis
fünf
Jahren
verstärkt
sich
das
Bedürfnis
nach
Klärung.
Kinder
ahmen
dabei
nach
und
üben
dadurch
Verhaltensmöglichkeiten
ein.
Solange
es
das
alt
bewährte
Vater-Mutter-Kind-Spiel
oder
die
Puppenbemutterung
ist,
gilt
dies
als
„natürlich“.
Imitieren
Kinder
aber
den
Geschlechtsverkehr,
entsteht
nicht
selten
größere
Unruhe
unter
den
Erwachsenen.
Die
Aufregung
ist
in
der
Regel
nicht
angebracht,
wenn
die
Beteiligten
an
diesem
Spiel
beide
zustimmen.
Es
geht
sicherlich
auch
um
angenehme
Körpererfahrungen,
aber
auch
um
Probehandeln
ähnlich
dem
Brustgeben
bei
der
Puppenmutter.
Kinder
hören,
was
Erwachsenen
„so
machen“.
Sie
sehen
entsprechende
Szene
real
oder
im
Fernsehen
und
stellen
sie
nach.
Die
von
Erwachsenen
empfundenen
Begierden
und
aufgeladenen
Körperempfindungen
sind
dabei
meist
nicht
vorhanden.
Kinder
wollen
keine
erwachsene
Sexualität
praktizieren,
diese
aber
mit
anderen
Kindern
imitieren.
Ihre
Begehren
und
Lustgefühle
sind
dabei
nicht
denen
von
Erwachsenen
vergleichbar,
sondern
spielerische
Neugier,
wie
Geschlechtsverkehr
wohl
funktioniert.
Es
ist
ein
Ausprobieren
von
Erwachsenen-Rollen.
Kinder
messen
den
Spielen
nur
dann
eine
höhere
Bedeutung
zu,
als
z.B.
Friseur
oder
Zahnarzt
zu
spielen,
wenn
die
Erwachsenen
nonverbal
und/
oder
verbal
die
Bedeutungsaufladung vornehmen - sei es durch viel Kontrolle, Verbote oder Beschämung.
Wie drücke ich mich mit meinen Gefühlen und meinem Erleben aus?
Kinder
versuchen
Dinge
über
Sprache
tiefer
zu
erfassen
und
im
Gespräch
mit
Anderen
ihr
Verständnis
zu
überprüfen.
Dies
gilt
für
alle
Lebensbereiche
und
eben
auch
für
die
Sexualität.
Nur
bei
der
Sexualität
treffen
sie
auf
viele
Tabus.
Bei
seinen
Reaktionen
auf
Geschlechtliches
erhalten
Kinder
verbale
und
seelisch-nonverbale,
liebevolle,
freudige
oder
eher
wortlose,
widerwillige,
ablehnende,
wenn
nicht
gar
von
Ekel
begleitete
Botschaften.
Die
Informationen
werden
bereits
im
vorsprachlichen
Körpergedächtnis
abgelegt
–
mit
möglicherweise weit reichenden Auswirkungen auf die erwachsene Sexualität.
Elternhäuser
sollten
darum
versuchen,
für
all
das,
was
mit
Sexualität
zu
tun
hat,
Wörter
zu
finden,
die
nicht
abweisend
oder
steril,
sondern
lustvoll
sind.
Dabei
sind
nicht
die
verharmlosenden
oder
irreführenden
wie
„Pipimann“
gemeint.
Empörte
Reaktionen
auf
offene
Kinderbücher
und
Aufklärungsbroschüren
zeigen,
wie
sehr
Empfindungen
gegenüber
Bezeichnungen
von
subjektiven
Ängsten
und
Abneigungen
geprägt
sind,
so
dass
mancher
Begriff
als
obszön
verstanden
wird,
den
andere
liebevoll
empfinden.
Wenn
ein
Junge
„Ficken“
sagt,
muss
er
damit
nichts
Aggressives,
Frauenverachtendes
im
Sinn
haben
–
es
könnte
sein,
dass
er
den
selbstverständlich
benutzten
Begriff
seines
Vaters
verwendet.
Kinder
benutzen
Begriffe
aus
dem
Sexual-
und
Fäkalbereich
manchmal
provozierend
und
mit
wachsendem
Spaß,
Dabei
tauchen
Beschimpfungen
auf,
die
andere
zutiefst
verletzen.
Oft
wissen
die
Kinder
aber
gar
nicht,
gar
nicht,
was
sie
da
sagen.
Dann
empfiehlt
es
sich,
ihnen
zu
erklären,
welche
Empfindungen
derartige
Ausdrücke
auslösen.
Bei
vielen
Kindern
kann
dadurch
erreicht
werden,
dass
sie
die
Begriffe
aus
ihrem
Vokabular
streichen.
Allerdings
gibt
es
auch
Kinder,
die
die
Tabuverletzung
als
Reiz
erleben,
weil
sie
dadurch
die
Überlegenheit der Erwachsenen wirksam außer Kraft setzen können.
Pädagogische Konsequenzen
Kinder brauchen von Erwachsenen eine professionelle Handlungsbereitschaft, die folgende Aspekte umfasst:
Liebevoller, zärtlicher, Geborgenheit spendender Körperkontakt mit dem Kind, solange es diesen braucht, unabhängig vom Geschlecht
Akzeptanz von Neugierverhalten und Wissbegierde
Offensive Unterstützung von Lernbedürfnissen mit einer die Sinne anregende Umgebung, in der Antworten auf Fragen gegeben werden
Folgende Ziele sollten angestrebt werden:
Positives
Selbstbild
und
gesunde
Persönlichkeitsentwicklung,
zu
der
die
Annahme
des
eigenes
Körpers,
der
sexuellen
Bedürfnisse
und
Gefühle,
des
Geschlechts
gehört,
wobei
sowohl die Unterdrückung noch die Überbetonung von Sexualität entstehen darf
Reflexion
und
Korrektur
von
unbewusst
oder
bewusst
aufgenommenen,
negativen
Informationen
und
Bildern
über
Sexualität
bzw.
Abbau
von
Mythen,
die
die
eigenen
Verhaltensmöglichkeiten einschränken
Ergänzung
und
Korrektur
von
moralischen
Bewertungen
sexueller
Bedürfnissen,
Äußerungsformen
und
Rollenvorstellungen
seitens
des
Elternhauses,
sowohl
durch
andere
Erwachsene,
v.a.
aber
durch
das
Lernen
in
der
Gleichaltrigengruppe,
die
angesichts
von
Ein-Kind-Familien
und
fehlenden
unbeaufsichtigten
Erfahrungsräumen
von
geradezu
unschätzbarem Wert sind.
Gerade
weil
ErzieherInnen
leider
oft
in
ihrer
Ausbildung
wenig
Anregungen
für
einen
kompetenten
Umgang
mit
derartigen
sexualpädagogischen
Anforderungen
erhalten
haben,
bedeuten
solche
Anforderungen
oft
eine
große
Herausforderung.
Wenn
dann
auch
noch
eine
multikulturelle
Zusammensetzung
der
Gruppe,
sexualängstliche
Eltern
und/oder
eine
fehlende
Konzeption
zur
Sexualerziehung
in
der
Einrichtung
hinzukommen,
ist
ein
ängstlich-unsicherer
Umgang,
wie
er
sowohl
im
Weggucken
oder
im
Verbieten
zum
Ausdruck
kommt,
verständlich.
Die
Erfahrungen
zeigen
jedoch,
dass
es
oft
nur
einiger
Informationen
über
die
kindliche
Sexualentwicklung
und
eines
gewissen
Trainings
der
Fachkräfte
bedarf, um eine weitgehend souveräne Bewältigung der sexualpädagogischen Schwierigkeiten zu ermöglichen.
Ein
sensibles
Thema
in
Zeiten,
in
denen
die
Auseinandersetzung
mit
missbräuchlichem
Verhalten
so
viel
Aufmerksamkeit
gewonnen
hat. Ich halte es für umso wichtiger, einen gesunden Zugang dazu zu finden, auch um dem Missbrauch etwas entgegen zu setzen.