Klaus Walter Coaching und Supervision
Persönliche Haltung in der Pädagogik
Es
gibt
Begriffe,
die
scheinbar
ganz
klar
sind.
Wenn
man
sie
dann
aber
genauer
betrachtet,
fangen
sie
an
zu
verschwimmen.
Dies
gilt
auch
für
den
Begriff
„Haltung“,
der
mit
den
Begriffen Moral, Charakter und Persönlichkeit verwandt ist und manchmal damit synonym gebraucht wird.
In
einem
Synonymlexikon
im
Internet
habe
ich
auch
gelesen,
dass
das
Wort
„Haltung“
für
Beherrschung,
Fassung,
Festigkeit
steht.
Diese
Synonyme
wirken
auf
mich
aber
so
starr,
dass
sie
mir
gar
nicht
pädagogisch
wertvoll
erscheinen.
Im
Wörterbuch
der
Gebrüder
Grimm
habe
ich
eine
Sammlung
von
Bedeutungen
gefunden
,
die
ich
in
zwei
grobe
Richtungen
sortierte.
Diese Richtungen verstehe ich als Pole von Haltungsausprägungen, zwischen denen wir uns in aller Regel bewegen.
1
.
An einem Pol bezeichnet Haltung das Verhalten oder Denken eines Menschen als eher unverrückbar, eben starr und
2
.
Am
anderen
Pol
zeugt
Haltung
davon,
dass
bei
einem
Menschen
die
Psyche
gefestigt,
aber
nicht
unbeweglich
ist.
Haltung
kann
dann
zu
einer
Eigenschaft
werden,
die
das
Halten
im
Sinne
eines
aktiven
Stützens
eines
anderen
Menschen
einbezieht.
Und
dieses
Halten
darf
dann
auch
energisch
oder
konsequent
sein.
Sehr
geeignet
für
diesen
psychischen
Zustand
ist
meines
Erachtens
die
Bezeichnung
„dynamisches
Gleichgewicht“,
die
der
Vater
der
Gesprächspsychotherapie
Carl
Rogers
geprägt
hat
und
die
ich
als
Synonym
für
eine
gute
persönliche Haltung gebrauchen möchte.
Dieses dynamische Gleichgewicht ist ein Idealzustand, den wir anstreben können, den wir aber sicherlich nicht in jedem Augenblick halten können.
Auch bei der weitergehenden Betrachtung stoße ich auf Probleme:
Persönliche
Haltung
ist
kein
wirklich
greifbarer
Faktor,
aber
dennoch
soll
es
„gute“
und
„schlechte“
geben.
Wir
können
Haltung
nicht
messen
und
sie
nicht
erfolgreich
einfordern.
Obwohl
Inhalte
von
Haltung
kaum
eindeutig
zu
definieren
sind,
machen
sich
Menschen
immer
wieder
zu
ihren
moralisierenden
Anwälten.
Aber
irgendwie
wissen
wir
auch,
dass
in
unseren
Berufen
die
persönliche
Haltung
stimmen
muss
und
dass
sie
professionell
sein
muss.
In
meinem
Dilemma
kann
ich
nur
ein
einziges
wirklich
verbindliches
Ziel
definieren
und
das
ist
ein
Weg:
Ich
glaube,
wir
müssen
in
unseren
Arbeitsbereichen
immer
wieder
gemeinsam
nach
einer
guten
Hal
tung
suchen.
Mit
meinem
Vortrag
möchte
ich
ein
wenig
zu
dieser
Suche
beitragen und dabei zeigen, dass auch Humor und Gelassenheit hilfreich sein können
Aus
einer
Teamberatung
meiner
Jugendhilfeeinrichtung
habe
ich
ein
Be
ispiel
mitgebracht,
in
dem
sich
eine
unsichere
Haltung
zeigt.
Es
ging
um
einen
15-jährigen,
der
seit
einigen
Monaten
Haschisch
rauchte
und
gelegentlich
vermutlich
auch
zu
anderen
Drogen
griff.
Sein
Konsum
war
zunehmend
und
das
brachte
die
enge,
nahezu
freundschaftliche
Beziehung
zwischen
ihm
und
einem
Betreuer
in
Gefahr,
der
sich
sehr
für
seine
Schulausbildung
engagierte.
Zwischen
den
beiden
war
es
immer
häufiger
zu
lautstarken
Auseinandersetzungen
gekommen, mit wechselseitigen Vorwürfen von der Kategorie „Du bist nur noch bekifft“ und „Du verstehst mich sowieso nicht“. Womit beide vermutlich grundsätzlich Recht hatten.
Der
Betreuer
trug
dann
erkennbar
stolz
vor,
dass
er
mit
dem
Jungen
ein
klärendes
Gespräch
geführt
habe.
Er
sagte:
„Ich
habe
mit
ihm
die
Friedenspfeife
geraucht“
und
meinte
damit,
dass
er
die
Regeln
außer
Kraft
gesetzt
und
dem
Jungen
im
Gemeinschaftsraum
der
Wohngruppe
eine
Zigarette
angeboten
hatte.
Er
habe
mit
ihm
unter
Männern
reden
wollen.
Man
habe
sich
über
die
Gefährlichkeit
von
Drogen
unterhalten.
Der
Erzieher
schilderte
einen
Ablauf,
bei
dem
er
den
Jungen
drängte,
den
Drogenkonsum
aufzugeben
und
ihm
deswegen
Vorhaltungen
machte,
mit
Beziehungsabbruch
drohte.
Es
klang
widersprüchlich
als
er
sagte,
es
sei
ein
sehr
vertrauensvolles
Gespräch
gewesen.
Der
Junge
habe
Einsicht
gezeigt
und
versprochen, sich beim Psychologen – also bei mir - beraten zu lassen.
Die
anderen
Teammitglieder
reagierten
unsicher.
Man
wollte
sicherlich
den
Kollegen
nicht
verletzen.
Aber
es
kamen
dann
auch
Nachfragen,
ob
das
Gespräch
unbedingt
im
Gruppenraum
habe
stattfinden
müssen,
wegen
dem
Rauchen.
Es
wurden
Zweifel
laut,
ob
das
Versprechen
vom
Jugendlichen
wirklich
eingehalten
werden
würde
und
ob
der
wirklich
einsichtig
sei.
Je
länger die Diskussion dauerte, desto emotionaler wurde sie und letztlich war ein offener Streit im Gange.
Es
wurde
ein
Fallgespräch
bei
dem
wir
noch
ausführlich
über
unsere
persönliche
Haltung
sprachen
und
die
Erfahrung
machten,
dass
man
darum
auch
heftig
streiten
kann,
insbesondere
wenn
die
Diskussion
ins
Moralisieren
abrutscht.
Im
konstruktiveren
Teil
fragten
wir
uns,
wie
wir
unsere
Haltungen
verstehen
und
noch
verbessern
können.
Ich
habe
in
der
folgenden
Liste, unsere Themen strukturiert und zum roten Faden für meinen Vortrag gemacht.
Dabei ergaben sich zwei Kernfragen:
A
.
Welche Ansprüche müssen wir an eine förderliche Haltung stellen?
B
.
Welche Einflüsse bestimmen unsere persönliche Haltung im Alltag?
Letztere Frage konnte ich noch in verschiedene Perspektiven unterteilen, die miteinander ergänzt werden können:
1.
Wie
erlebt
uns
der
junge
Drogenkonsument
auf
dem
Hintergrund
seiner
Vorerfahrungen
und
seiner
Lebensgeschichte?
Wir
wirkt
sich
sein
daraus
resultierendes
Verhalten
auf
unser Erleben oder unsere Haltung als Helfer aus?
Anders ausgedrückt: Wir fragen nach Übertragung und Gegenübertragung.
2.
Welche Abhängigkeiten besitzen wir selbst und wie wirken sich diese auf unsere Sichtweise der Dinge aus?
Anders ausgedrückt: Wir fragen nach unseren „blinden Flecken“.
3.
In welcher Situation befinden wir uns zusammen mit dem Jugendlichen? Welche sozialen Bindungen und Strukturen wirken darin auf uns ein?
Anders ausgedrückt: Wir versuchen unsere Situation systemisch zu betrachten.
A. Ansprüche an eine förderliche, persönliche Haltung
Ich
möchte
Ihnen
hier
einige
meiner
persönlichen
Leitlinien
vorstellen,
von
denen
ich
glaube,
dass
sie
mir
helfen,
meine
Haltung
zu
wahren
oder
zurück
zu
gewinnen.
Damit
deutlich
wird,
dass
es
sich
um
meine
persönlich
angestrebte
Haltung
handelt,
die
ich
nicht
aufdrängen
möchte,
zeige
ich
hier
noch
ein
Bild
vom
Lehrer
Lempel,
einem
großen
Moralisten
aus
der
Feder von Wilhelm Busch. Bitte beachten sie den erhobenen Zeigefinger, damit sie den Unterschied zu mir gut wahrnehmen können.
Meine persönlichen Paradigmen lauten:
1
.
Ich will junge Menschen annehmen und akzeptieren, wie sie sind; sie abholen, wo sie stehen.
2
.
Ich suche meine dialektische Lösung zwischen „professioneller Distanz“ und „mich berühren lassen“.
3
.
Meine Interventionen sollen einem zirkulären Ablauf von „Wahrnehmen, Verstehen, Handeln“ folgen.
Ich will junge Menschen annehmen und akzeptieren, wie sie sind
Ich
habe
sehr
viel
Wertschätzung
für
den
Heilpädagogen
Andreas
Mehringer,
der
1976
in
seiner
für
mich
immer
noch
aktuellen
„kleinen
Heilpädagogik“
forderte,
Kinder
in
ihrer
Eigenart wahrzunehmen und zu akzeptieren wie sie sind.
Die annehmende Haltung, die er beschreibt, ist m.E. in vielen Punkten sehr geeignet für niedrigschwellige, Drogen akzeptierende Betreuungsangebote.
Über
Jahrzehnte
wurde
bei
Hilfeangeboten
der
Veränderungswillen
von
Drogenkonsumenten
durch
hohe
Eingangsforderungen
geprüft.
Heute
akzeptiert
man,
dass
solche
abstinenzorientierten
und
hochschwelligen
Konzepte
eine
zu
geringe
Reichweite
haben.
Ich
glaube,
es
bedurfte
einer
Haltungsänderung,
um
ernsthaft
wahrzunehmen,
dass
ausgeschlossene Drogenabhängige unter gesundheitlicher und sozialer Verelendung leiden und dass eine Folge des Ausschlussverfahrens steigende gesellschaftliche Sekundärkosten sind.
Die
größere
Reichweite
niedrigschwelliger,
Drogen
akzeptierender
Angebote
und
ihre
Wirksamkeit
sind
inzwischen
nachgewiesen.
Aus
ihnen
ist
in
Deutschland
eine
erhöhte
Nachfrage
nach verbindlicher Hilfe wie Einzelfallberatung, Entzugs- und/oder Therapieantritt, Substitutionsmaßnahmen, intensiver ambulanter, psychosozialer Begleitung hervorgegangen.
Annehmende
Hilfen
sind
aber
auch
eine
enorme
Herausforderung
an
die
persönliche
Haltung
der
Betreuer.
Annehmende
Hilfen
funktionieren
zum
Beispiel
nicht,
wenn
Pädagogen
nicht
bereit
sind,
Verantwortung
an
junge
Menschen
abzugeben.
Ich
habe
die
Erfahrung
gemacht,
dass
das
vielen
Erziehern
nicht
leicht
fällt.
Pädagogen
müssen
sich
an
selbstbestimmte
Konsummuster
und
an
der
Einbeziehung
von
Handlungskompetenzen
und
Selbsthilferessourcen
der
Betroffenen
orientieren.
Aber
die
jungen
Menschen
erscheinen
sogar
im
Umgang
mit
sich
selbst
oft
völlig
verantwortungslos.
Pädagogen
müssen
bei
jungen
Menschen
das
Recht
des
Andersseins
und
der
Selbstbestimmung
des
eigenen
Lebensweges
akzeptieren
–
ob
mit
oder
ohne Drogen. Auf Appelle und Forderungen, das Verhalten sofort zu ändern, müssen sie verzichten.
In
diesem
Koordinatensystem
habe
ich
die
Erziehungsstile
einmal
in
Abhängigkeit
von
emotionaler
Haltung
und
Umgangsstil
mit
jungen
Menschen
dargestellt.
Darin
wird
erkennbar,
dass
sich
eine
sozial-integrative
Umgehensweise
aus
einer
dem
Menschen
zugewandten
Haltung
und
dem
Respektieren
seiner
Selbstständigkeit ableiten lässt.
Eine
solche
zugewandte
und
Selbstständigkeit
respektierende
Haltung
kann
ich
aber
nur
aufbringen,
wenn
ich
auf
Selbstheilungskräfte
beim
Jugendlichen
vertraue.
Und
ich
muss
wissen,
wie
ich
seine
Selbstheilungskräfte
wecken
und
fördern
kann.
Ich
muss
mich
dabei
allerdings
von
einer
Erziehungsvorstellung
lösen,
bei
der
ich
zu
sehr
mit
dem
Verb
„ziehen“
liebäugele.
Das
bedeutet
so
viel
wie:
Ich
darf
nicht
davon
ausgehen,
dass
ohne
mein
Engagement
und
meinen
pädagogischen
Einfluss
gar
nichts
läuft.
Ich
muss
nicht
die
gesamte
Verantwortung
und
Energie
für
die
Entwicklung
des
jungen
Menschen
aufbringen.
Wenn
meine
Begegnung
mit
dem
Jugendlichen
von
meinem
Verantwortungs-,
Verpflichtungs-
und
Schuldgefühl
bei
Misserfolg
überfüllt
ist,
dann
kann
es
eigentlich
nur
ein
Resultat
geben:
Der
junge
Mensch
traut
sich
nichts
mehr
zu
und
versagt
immer
mehr
und
ich
reagiere
narzisstisch
verletzt,
weil
es
keinen Erfolg gibt.
Ich suche eine dialektische Lösung zwischen „professioneller Distanz“ und „mich berühren lassen“.
Vielleicht ist dies der schwierigste Teil der Suche nach einer guten persönlichen Haltung.
Im
Grunde
haben
wir
ja
alle
die
gute
Absicht,
junge
Menschen
sozial
zu
integrieren.
Aber
unser
Anliegen
wird
durch
das
Verhalten
von
Drogenkonsumenten
und
dissozialen
jungen
Menschen
erheblich
erschwert.
Jugendliche
provozieren
oft
in
uns
eine
Tendenz,
uns
seelisch
zu
schützen
–
unter
anderem
mit
emotionalem
Rückzug.
Wir
geraten
dann
unter
Umständen
in
eine
Fehleinschätzung
und
meinen,
dass
unser
Abwenden
vom
Jugendlichen
eine
professionelle
Distanz
darstellen
würde.
Selbstverständlich
dürfen
wir
uns
nicht
alles
nahe
gehen
lassen,
aber
eine
professionelle
Distanz
darf
nicht
zu
einer
Schutz
maue
r
werden,
sonst
verlieren
wir
unsere
einfühlende
Haltung.
Wir
würden
damit
unser
emphatisches
Verstehen
aufgeben
und
könnten
die
Erlebensweisen
der
Jugendlichen
nicht
mehr
sensibel
nachvollziehen.
Aber
auch
das
andere
Extrem
kann
Schäden
entstehen
lassen,
nämlich
wenn
wir
in
eine
distanzlose Nähe und überschwemmende Emotionen geraten, wie sie sich zum Beispiel im grenzenlosen Mitleid zeigen.
Eine
richtige
professionelle
Haltung
kann
ich
mir
nur
als
dialektische
Lösung
vorstellen,
in
der
Distanz
und
Nähe
gleichermaßen
realisiert
werden.
Da
dies
aber
nur
wenigen
von
uns
auf
dem intuitiven Wege gelingt, benötigen wir eine theoretische Hilfestellung. Ich nutze dazu das szenarische Verstehen.
J = Jugendlicher, P = Pädagoge, B = Pädagoge in der Beobachterrolle
Grundlage
des
szenarischen
Verstehens
ist
eine
menschliche
Fähigkeit,
die
die
Philosophie
seit
Seneca
inspiriert
hat
und
die
uns
zu
einer
besonderen
Spezies
macht.
Es
ist
die
Fähigkeit,
uns
selbst
zum
Gegenstand
unserer
Betrachtung
machen
zu
können.
Wir
können
eine
analysierende
Haltung
einnehmen
und
aus
einer
Szene
heraustreten,
die
wir
zusammen
mit
anderen
Menschen
auf
der
Bühne
einer
Situation
darstellen.
Wir
können
abwechselnd
zum
Zuschauer
und
zum
Teilhaber
des
Geschehens
werden.
Aktiviere
ich
diesen
Vorgang
bewusst,
dann
kann
ich
mich
sowohl
auf
Empfindungen
in
der
Szene
einlassen,
als
auch
das
Geschehen
distanziert
betrachten.
Im
Idealfall
hilft
mir
diese
Aufspaltung,
die
Beziehung
besser
zu
verstehen
–
z.B.
in
welcher
Gespenster-Rolle
mich
der
junge
Mensch
wahrnimmt
oder
was
er
von
mir
als
realer
Person
erkennt,
in
welcher
Rolle
ich
selbst
zu
dem
jungen
Menschen
aktiv
bin
und
welche
seiner
und
meiner
früheren
Erfahrungen
unsere
Beziehung
mitbestimmen.
Mit
der
analysierenden
Reflektion
und
dem
bewussten
Begreifen
eröffnen
sich
für
mich
Möglichkeiten
Ideen für eine vielleicht förderlichere Begegnung zu entwickeln.
Meine Interventionen sollen einem zirkulären Ablauf von „Wahrnehmen, Verstehen, Handeln“ folgen.
Ich
möchte
mich
mit
dieser
dialektischen
Lösung
auf
Nähe
und
Begegnung
einlassen
und
zu
einer
verstehenden
Haltung
finden.
Ich
möchte
dabei
mein
Handeln
auch
kritisch
bewerten,
denn
ohne
konstruktiv
kritische
Selbstbetrachtung
laufe
ich
Gefahr,
dass
meine
Reaktionen
vorwiegend
auf
Schutz
oder
Vergeltung
zielen.
Ich
gehe
davon
aus,
dass
Sie
diese
verfestigten
Beziehungsprobleme
kennen,
die
aus
dem
Mangel
an
Selbstreflektion
entstanden
sind.
Sie
sind
dadurch
charakterisiert,
dass
es
bei
ausbleibendem
Erfolg
zu
zunehmenden
Sanktionen
des
Pädagogen
und
zunehmend
abwehrender
Haltung
bei
Jugendlichen
kommt.
Dabei
verkommt
die
vermeintlich
pädagogische
Einschätzung
des
Jugendlichen
leicht
zu
Bewertung
oder
gar
Verurteilung.
Oskar
Wild
sagte
in
diesem
Sinne
einmal:
„Moral
ist
einfach
die
Haltung,
die
wir
gegen
Leute
einnehmen,
von
denen
wir
persönlich
nicht
erbaut
sind“.
Eigentlich
ist
diese
schlimme
Fehlhaltung
leicht
zu
erkennen.
Sie
besitzt
nämlich
ein
untrügliches
diagnostisches
Kriterium,
dass
darin
besteht,
dass
bei
steigenden
wechselseitigen
Enttäuschungen
und
Aggressionen sich die Interventionsstrategie des Pädagogen nicht ändert, sondern dem Prinzip „immer mehr desselben“ folgt.
Wenn
ich
die
Gefahr
von
Misserfolgen
verringern
will,
muss
ich
mich
für
den
zirkulären
Prozess
von
Wahrnehmen,
Verstehen
und
Handeln
öffnen.
Ich
muss
meine
therapeutische
oder
pädagogische
Strategie
konsequent
davon
steuern
lassen,
was
sie
ganz
real
bewirkt.
Ich
möchte
es
einmal
bildlich
formulieren:
Ich
versuche
ja
auch
nicht
weiter
in
eine
zu
kleine
Parklücke zu fahren, wenn ich bereits an Blech gestoßen bin.
In
diesem
hier
skizzierten,
bewussten
zirkulären
Ablauf
werden
die
fachliche
Einschätzung
des
Drogenkonsumenten
und
die
daraus
resultierenden,
pädagogischen
und
therapeutischen
Interventionen
vom
Erfolg
bzw.
Misserfolg
korrigiert.
Auf
diesem
Hintergrund
entsteht
ein
fortschreitender
individueller
Lösungsprozess
des
Problems,
der
im
Idealfall
mit
dem
betroffenen
jungen Menschen zusammen erarbeitet wird.
B.
Welche
Einflüsse
bestimmen
unsere
persönliche
Haltung
im Alltag?
In
dieser
Karikatur
gehen
wir
mit
unseren
Fehlern,
Bosheiten
und
Neurosen
in
die
Ausbildung
hinein
und
kommen
befreit
von
unseren
seelischen
Beklemmungen
und
Verletzungen
wieder
heraus,
geläutert
zu
emotional
gefestigten,
emphatischen
und
wachen
Pädagogen
und
Therapeuten
–
zu
wahrhaften
Engeln.
Wenn
das
funktionierte,
wären
wir
allein
durch
richtige
Wissensvermehrung
in
der
Lage,
junge
Menschen
vorurteilsfrei,
ohne
Verletzungsgefühle,
mit
klarer
Haltung
anzunehmen,
zu
verstehen
und
präzise
zu
reagieren.
Es
könnte
wirklich
schön
sein,
aber
unser
realer
Alltag
ist
natürlich
anders.
Trotz
guter
Ausbildung
fühlen
wir
uns
oft
wirkungslos,
sind
von
mäßigem
Erfolgen
und
von
der
Zurückweisung
junger
Menschen
enttäuscht.
Jugendliche
treiben
uns
manchmal
sogar
in
emotionale
Ausnahmezustände,
wir
lassen
uns
auf
Aggressions-Spiele
ein
und
jede
Beleidigung
hinterlässt
bei
uns
einen
kleinen
Stich,
der
sich
mit
jedem
weiteren
Stich
zu
einer
empfindlichen
Stelle
entwickelt.
Unsere
idealisierte
Haltung,
mit
der
wir
zum
Beruf
angetreten sind, geht dann verloren.
Warum ist das eigentlich so?
Die
Antwort
lautet:
Weil
sich
alle
Menschen
sowohl
mit
ihren
gesunden
Anteilen
und
gesunden
Haltungen,
als
auch
mit
ihren
ganz
individuellen
Verletzungen
und
Schwächen
begegnen.
Aus
der
Dynamik
dieser
Begegnung
von
gesunden
und
kranken
Anteile
aller
Beteiligten
resultiert
die
konkrete
Beziehung,
die
sich
verändert,
je
nachdem
welche
Anteile
sich
jeweils
durchsetzen.
Wir
können
uns
als
Pädagogen
und
Therapeuten
nur
bemühen,
unser
Maß
an
Gesundheit,
das
wir
einbringen,
mit
den
gesunden
Anteilen
der
jungen
Menschen
zu
verbünden und hoffen das diese Kooperation im Ringen die Oberhand behält.
Das
bedeutet
dann
aber
auch,
dass
wir
in
einem
ständigen
Ringen
um
unsere
förderliche,
persönliche
Haltung
stecken,
für
das
wir
in
unseren
Ausbildungen
nicht
hinreichend
vorbereitet
wurden. Deshalb sollten wir jede Hilfe annehmen, die unsere gesunden Anteile stärkt – sei es Supervision, Selbsterfahrung oder auch (Lehr-) Therapie.
Meine Überlegungen führen mich zur Auseinandersetzung mit dem Phänomen von…
Übertragung und Gegenübertragung
„Warum beeinflussen uns unsere Feinde nur mehr, als unsere Freunde?“
fragt eine von Rafik Schamis Romanfiguren in „Die dunkle Seite der Liebe“, als sie gezeichnet von Misshandlungen und Rachegefühlen ihre liebende Haltung einbüßt.
Die
Frage
weist
darauf
hin,
dass
unsere
Haltung
nicht
angeboren
ist.
Sie
ist
vielmehr
das
Ergebnis
der
vielen
guten
und
schlechten
Erfahrungen,
die
wir
als
Mensch
unter
Menschen
machen.
Die
Entwicklung
unserer
Haltung
kommt
zu
keinem
Abschluss.
Sie
entwickelt
sich
permanent
fort
durch
neue
Erlebnisse
–
auch
im
Umgang
mit
den
Menschen
in
unseren
Einrichtungen.
Sie
ist
weder
Vernunft,
noch
Glaube
oder
Spiritualität,
noch
Empfinden,
sondern
setzt
sich
aus
alledem
zusammen.
Sie
äußert
sich
vorwiegend
unwillentlich
oder
sogar
unbewusst
in
unserem
Wahrnehmen,
Fühlen,
Beurteilen
und
Verhalten.
Wir
zeigen
unsere
persönliche
Haltung
in
der
Art
wie
wir
wahrnehmen,
fühlen,
beurteilen
und
uns
verhalten.
Sie
lässt
sich
nicht
wirklich
verbergen,
selbst
wenn
wir
uns
darum
bemühen.
Aber
auch
wenn
sie
von
anderen
Menschen
vielleicht
einmal
missdeutet
wird,
wird
sie
doch
in
unserer
Umgebung
subtil
und
bewusst
wahrgenommen,
beeinflusst
gewollt
oder
ungewollt
unsere
Kommunikationspartner.
Man
kann
in
Anlehnung
an
Paul
Watzlawick
sagen:
Eine
persönliche
Haltung
kann man nicht nicht kommunizieren.
Schami
macht
aber
auch
deutlich,
dass
negative
Erfahrungen
sehr
eindrucksvoll
sind.
Junge
Menschen,
die
misshandelt,
traumatisiert,
vernachlässigt
und
missachtet
wurden,
übertragen
diese
Erfahrung
auf
die
Gegenwart,
nehmen
die
Welt
misstrauisch
und
feindlich
wahr
und
halten
das
für
die
richtige
Reaktion
auf
ihre
subjektive
Realität.
Auf
diesem
Hintergrund
fühlen
sie
sich
schnell
in
die
Defensive
gedrängt
und
sind
zu
unangemessener,
aggressiver,
vielleicht
sogar
völlig
unsinniger
Verteidigung
bereit.
Und
weil
sie
aggressiv
und
misstrauisch
reagieren,
erzeugen
sie
nicht
selten
erst
das,
was
sie
gleichermaßen
erwarten
und
befürchten.
In
den
Sozialwissenschaften
spricht
man
von
„Sich-Selbst-erfüllenden-Prophezeiungen“.
Die
Psychoanalyse spricht von Re-Inszenierungen auf der Grundlage von Übertragung und Gegenübertragung. In der Jugendhilfe kommt es dann eventuell zur ungeplanten Entlassung.
Der
negative
Verlauf
ist
vom
Jugendlichen
nicht
einseitig
zu
durchbrechen.
Hirnforscher
können
nachweisen,
dass
schlimme,
sprich
traumatisierende
Erfahrungen
zu
hirnorganischen
Reaktionsmustern
führen,
die
gegen
Veränderungen
sehr
resistent
sind.
Die
KollegInnen
in
meinem
Eingangsbeispiel
spürten,
dass
dem
Jugendlichen
die
Unterordnung
in
Form
einer
vermeintlichen
Einsicht
nicht
nützt.
Und
mit
ihrer
Distanz
als
Zuhörer
können
sie
sicherlich
erkennen,
dass
die
angebliche
Einsicht
dem
Jungen
dazu
diente,
die
Beziehung
zum
Erzieher
zu
bewahren.
Die
verletzte
seelische
Struktur
wurde
dadurch
natürlich
nicht
geheilt.
Die
komplexe
Psychodynamik
und
Motivationslage,
die
den
jungen
Menschen
zum
Drogenkonsum
treibt,
kann
nur
durch
hinreichende
und
darum
sehr
lange,
alternative
Beziehungserfahrung
verändert
werden,
wenn
sein
Übertragungsspiel verstanden und überwunden wird.
Und das Initial zu dieser Veränderung muss vom gesunden Anteil des Betreuers ausgehen.
Das
Eingangsbeispiel
zeigt
unter
anderem,
dass
Drogenkonsumenten
alternative
Beziehungserfahrungen
nur
allmählich
verwerten
können.
Ihr
hartnäckiges
Suchtverhalten,
ihre
Rückfälle
und
Beschaffungsdelikte,
ihre
Ablehnung
machen
uns
zudem
mutlos
und
wütend.
Weil
sie
die
Ernsthaftigkeit
unseres
alternativen
Beziehungsangebotes
extrem
prüfen,
müssen
wir
als
Betreuer
mit
unserer
persönlichen
Haltung
darum
gut
im
Reinen
sein.
Dazu
gehört
ganz
wesentlich
unsere
Selbstbestimmung.
Wir
dürfen
die
Gratifikation
von
außen
nicht
zu
sehr
benötigen.
Natürlich
wollen
wir
Erfolg
im
Beruf,
aber
unser
Selbstwertgefühl
darf
nicht
davon
abhängig
werden.
Andernfalls
sind
wir
verletzbar
oder
treiben
uns
unermüdlich
an,
bis
wir
ausgebrannt
sind.
Wir
brauchen
ein
echtes
und
tiefes
Autonomieerleben
als
Persönlichkeitseigenschaft.
Wir
können
dies
nur
gewinnen,
wenn
wir
den
Mut
haben,
unsere
eigenen
schwachen
Stellen
und
Verletzungen
wahrzunehmen.
Wir
müssen
uns
auf
nahe
gehende,
ganz
persönliche
Prozesse
in
Supervision,
Selbsterfahrung
und
/
oder
(Lehr-)
Therapie
einlassen
können, um uns diese Haltung zu erarbeiten.
Selbstbewusst
und
selbstbestimmt
kann
ich
mich
aus
dem
Übertragungsspiel
lösen
und
neue
Sichtweisen
gewinnen.
Ich
brauche
dann
im
Drogenkonsum
nichts
Verwerfliches
mehr
zu
sehen.
Ich
kann
dann
sehen,
dass
von
Abhängigkeiten
nicht
nur
der
einzelne
Mensch,
sondern
unsere
ganze
Kultur
bestimmt
ist.
Ich
kann
dann
akzeptieren,
dass
ich
meinen
Auftrag
zur
gesellschaftlichen
Integration
junger
Menschen
nicht
als
Normierungsaufgabe
verstehen
darf
und
meine
Forderungen
und
Sanktionen
entweder
zurückgewiesen
werden,
in
verhärteten
Beziehungskonflikten oder in Unterordnung des Jugendlichen münden.
Selbstbewusst
und
selbstbestimmt
betrachte
ich
das
Verhalten
der
jungen
Menschen
nicht
als
„Fehlverhalten“,
sondern
als
Ausdruck
nicht
bewältigter
Entwicklungsaufgaben,
für
deren
nachträgliche
Bewältigung
sie
Hilfe
benötigen.
Damit
verschiebt
sich
meine
professionelle
Grundhaltung
in
Richtung
eines
suchenden
und
verstehenden
Interesses,
bei
dem
ich
die
Selbstbestimmung und die Heilungsbestrebungen des jungen Menschen anerkenne.
Auf diesem Hintergrund wird es mir möglich, mehr von den kleinen Schritten wahrzunehmen, die die jungen Menschen in ihrer Entwicklung tatsächlich machen.
Ich komme zu einem Problem unserer Wahrnehmung, den …
Blinde Flecken
Passende Worte fand ich bei…
Mathäus Kapitel 15, Vers 12 in dem Jesus spricht:
… Wenn aber ein Blinder den andern führt, so fallen sie beide in die Grube.
Ich
habe
in
verschiedenen
Kreisen
von
Pädagogen
und
Therapeuten
die
Erfahrung
gemacht,
dass
sich
bei
der
Diskussion
um
das
Rauchen
eine
Lagerbildung
entwickelt.
Ehemalige
Raucher
waren
dabei
oft
die
Vorreiter
für
eine
sehr
emotionale
kritische
Haltung
und
viele
Raucher
verharmlosten
die
Gefahren.
Ich
gehe
davon
aus,
dass
die
Extremisten
beider
Gruppen
unter
dem
litten,
was
man
als
Blinden
Fleck
bezeichnet.
Im
Sprachgebrauch
der
Psychopathologie
spricht
man
bei
der
Verleugnung
als
Gruppenphänomen
von
kollektiver
Verdrängung.
Es
ist
für
mich
ein
wichtiges
Kriterium
von
Professionalität
in
der
Arbeit
mit
abhängigen
Menschen,
als
Pädagoge
oder
Therapeut
eigene
Süchte
und
Abhängigkeiten
anzuerkennen
und
zu
reflektieren.
Ohne
diese
Fähigkeit
besteht
die
Gefahr
einer
gemeinsamen
Verdrängung.
Der
propagierte
Anspruch
„wir
gehen
offen
mit
unseren
Abhängigkeiten
um“
wird
ansonsten
zur Farce. Er wird zudem von den in diesen Dingen hoch sensibilisierten Drogenkonsumenten mindestens intuitiv als Lüge durchschaut.
Selbst
die
überwundene
Substanzenabhängigkeit
von
Nikotin
und
Alkohol
führt
ohne
veränderte
persönliche
Haltung
nicht
aus
dem
Dilemma
des
Blinden
Flecks
heraus.
Beispielsweise
haben
militante
Nichtraucher
und
propagierende
Alkoholgegner
zwar
die
körperliche
Seite
der
Sucht
bewältigt,
aber
mit
der
Notlösung
eines
Feindbildes,
das
ihnen
hilft,
sich
selbst
zu
stabilisieren,
weil
sie
darunter
ihre
unbewältigten
Schwächen
verbergen
können.
Eine
feindliche
oder
verächtliche
Haltung
kann
niemals
förderlich
sein.
Ein
Süchtiger,
der
sich
angefeindet
oder
verachtet
fühlt,
kann
sich
nur
zurückziehen
oder
muss
die
Beziehung
unter
dem
Preis
annehmen,
dass
er
sich
unterwirft
und
selbst
verachtet.
Es
ist
in
diesem
Zusammenhang bedeutsam, dass bei vielen Menschen die Selbstverachtung ein motivierender Grund für Drogenkonsum ist.
Systemische Sichtweise
Unsere
Haltung
entwickeln
wir
in
Beziehungen.
Wir
sind
in
soziale
Netze
eingebunden,
die
uns
beeinflussen
und
den
Rahmen
für
unser
Agieren
und
Erleben
bereithalten.
Wir
sind
von
diesen Netzen abhängig.
Auch
unsere
Jugendhilfetätigkeit
findet
in
sozialen
Netzen
statt,
die
wir
als
verwobenes
System
betrachten
müssen.
Darin
fallen
die
von
uns
betreuten
Drogenkonsumenten
auf
–
u.a.
durch
Schulversagen,
durch
Polizeikontrollen,
durch
Delikte,
durch
Belästigungen
der
Umgebung.
Als
Mitarbeiter
der
Jugendhilfeeinrichtung
werden
wir
öfter
dafür
verantwortlich
gemacht.
Es
ist
manchmal
ein
unangenehmes
Phänomen,
das
die
Wahrnehmung
von
Nähe
zwischen
Gruppen
und
Individuen
zu
Gleichsetzungsprozessen
führt.
Durch
unsere
Nähe
zum
Jugendlichen
bekommen
wir
deshalb
Urteile
und
Emotionen
der
Umgebung
mit
ihm
ab,
leiden
für
oder
mit
ihm,
verbrüdern
uns
eventuell
mit
ihm
gegen
die
feindliche
Umwelt.
Lassen
wir
uns
auf
diese
„Verkumpelung“
ein,
dann
gewinnen
wir
damit
zwar,
dass
wir
uns
mit
ihm
solidarisch
fühlen
können,
aber
wir
bezahlen
auch
damit,
dass
wir
die
sozial-integrative
Perspektive
und
unsere
Autonomie
verlieren.
Manchmal
fürchten
wir
auch
die
reale
oder
vermutete
Ablehnung
und
Verachtung
der
Umwelt,
und
fallen
dann
dem
Jugendlichen
in
den
Rücken,
verbrüdern
uns
mit
der
ablehnenden,
eventuell
sogar
feindlichen
Umgebung,
teilen
deren
Verachtung,
werden
zu
Vollzugskräften
des
Rechtssystems,
nehmen
dem
Jugendlichen
den Schutzraum nehmen etc.
Wir
können
uns
in
dem
System
von
Drogenszene,
Staatsgewalt,
Schule,
Nachbarschaft
und
sonstiger
Umwelt
passiv
aufstellen
lassen,
aber
wir
können
unsere
Position
auch
aktiv
und
flexibel suchen und erarbeiten.
Wählen
wir
Letzteres,
dann
gewinnen
wir
die
Möglichkeit
aus
einer
professionellen
Metaperspektive
heraus,
das
System
und
seine
Spielregeln
zu
begreifen,
für
unsere
pädagogischen
Aufgaben
nutzbar
zu
machen,
uns
darin
aktiv
selbst
zu
definieren
und
unsere
Position
der
sich
ändernden
sozialen
Realität
flexibel
anzupassen.
Damit
gewinnen
wir
die
Möglichkeit,
uns
neben
den
Jugendlichen
zu
stellen
und
die
Welt
zu
betrachten,
wie
er
sie
sieht,
können
ihm
helfen
seine
Situation
zu
begreifen.
Wir
können
auch
die
Perspektive
wechseln
und
den
Jugendlichen
mit
den
Augen
seiner
Umwelt
betrachten
und
die
Anfeindungen
gegen
ihn
nachvollziehen,
vielleicht
sogar
deren
Hintergründe
verstehen.
Wir
können
dann
versuchen,
Vermittler
zu
sein
zwischen
den
Beteiligten,
wir
können
Ressourcen
der
Umgebung
erkunden,
Jugendliche
mit
ihren
Stärken
darstellen,
wechselseitiges
Vertrauen
oder
zumindest
geregelte Umgehensweisen schaffen.
Zusammenfassend
Zentrale
Kennzeichen
einer
förderlichen,
persönlichen
Haltung
eines
Betreuers
in
der
Jugend-
und
Drogenhilfe
sind
meines
Erachtens
Gelassenheit,
Selbstbewusstsein
und
Selbstbestimmung.
Wir
sind
Fachleute,
die
ihr
Licht
nicht
unter
den
Scheffel
stellen
müssen.
Wir
haben
für
unsere
Professionalität
viel
getan
und
jeder
hat
dazu
noch
seine
Erfahrungen
gesammelt.
Unsere
Wissenschaften
halten
gute
Werkzeuge
bereit.
Wir
machen
natürlich
auch
Fehler,
aber
es
gibt
keinen
Grund,
dass
wir
uns
anders
als
konstruktiv
in
Frage
stellen
lassen. Konstruktive Kritik können wir nicht nur selbstbewusst annehmen, sondern sogar suchen und einfordern. Sie soll uns willkommen und wertvoll sein.
Wir
können
uns
ohne
Gesichtsverlust
unseren
eigenen
Abhängigkeiten
stellen
und
sie
anerkennen.
Sie
sind
keine
Schwächen
und
auch
nicht
verwerflich,
sondern
stellen
unsere
augenblickliche
Lösung
unseres
lebenslangen,
menschlichen
Konflikts
zwischen
Autonomie-
und
Abhängigkeitsbedürfnissen
dar,
den
wir
–
wie
alle
anderen
Menschen
auch
-
immer
wieder
dialektisch
lösen
müssen.
Ein
Problem
entsteht
erst,
wenn
wir
uns
weigern,
dies
anzuerkennen.
Selbstbewusste
und
selbstbestimmte
Menschen
scheuen
den
Konflikt
nicht.
Aufgeschlossene
Betreuer
erkennen
in
seiner
Verleugnung
die
fehlende
professionelle
Haltung.
Legen
wir
die
Verleugnung
ab
und
erkennen
unsere
eigenen
Abhängigkeiten
an,
dann
unterstreichen wir auf diese paradoxe Weise unsere Selbstbestimmung und können glaubhafte pädagogische oder therapeutische Bezugspersonen für süchtige junge Menschen sein.
o
Mit
selbstbestimmter
Haltung
betrachten
und
reflektieren
wir
das
Beziehungsgeschehen
zwischen
uns
und
den
jungen
Menschen
von
einer
äußeren
Perspektive,
nehmen
dafür
auch
Hilfen an. Wir fragen dann auch, wie wir von den jungen Menschen abhängig sind und gehen dennoch nicht im Spiel von Übertragung und Gegenübertragung unter.
o
Selbstbestimmt
und
mit
uns
gut
im
Reinen
sind
wir
nachahmenswerte
Vorbilder
und
bieten
Beziehungen
an,
mit
denen
misshandelte
junge
Menschen
ihre
Furcht
vor
zwischenmenschlichen
Abhängigkeiten
allmählich
aufgeben
können.
Auf
diesem
Wege
verlieren
Drogen,
Alkohol
und
Nikotin
ihren
Zweck
natürliche
Abhängigkeitsbedürfnisse
zu
betäuben und zu bekämpfen.
o
Auf
der
Grundlage
einer
selbstbewussten
persönlichen
Haltung
begreifen
wir
unsere
Selbstüberschätzung,
wenn
wir
wieder
einmal
in
Versuchung
geraten,
die
Verantwortung
für
die
Drogenfreiheit
des
jungen
Menschen
zu
übernehmen
oder
Drogenfreiheit
gar
zu
erzwingen
versuchen.
So
gewinnen
wir
die
Freiheit
zurück,
junge
Menschen
bei
ihrem
ganz
individuellen Kampf zu unterstützen und zu den Voraussetzungen beizutragen, die sie benötigen, um ihren Kampf zu gewinnen.
o
Wir
verlieren
damit
an
Abhängigkeit
vom
kurzfristigen
Erfolg,
der
sowieso
nur
ein
scheinbarer
Erfolg
ist
und
oft
aus
erzwungenen
Versprechungen
und
oberflächlichen
Einsichten
besteht, aber keine Verletzungen der seelischen Struktur heilt.
o
Wir
fragen
nicht
zweiflerisch,
ob
wir
überhaupt
in
der
Lage
sind,
junge
Menschen
von
Drogen
frei
und
für
die
Schule
tüchtig
zu
halten.
Wir
vertrauen
vielmehr
auf
die
lange
Entwicklung junger Menschen, zu der neben einem allmählichen Wachstum der Persönlichkeit auch der wiederholte Rückfall gehört.
o
Mit
einer
solchen
Haltung
verlieren
wir
uns
nicht
in
den
ambivalenten
Wertungen,
Ansprüchen
und
Forderungen
des
sozialen
Systems,
sondern
suchen
darin
selbstbewusst
unseren
eigenen professionellen Standort.
Es
gibt
keine
Pädagogik,
die
unabhängig
von
der
Person
ist,
die
sie
ausübt.
Welche
Haltung
ich
in
der
Erziehung
zeige,
teilt
sich
jungen
Menschen
ebenso
mit,
wie
ein
Belohnungskonzept
–
vielleicht
sogar
noch
intensiver.
Darum
ist es unerlässlich, dass sich Eltern und Erzieher*innen mit ihrer Haltung auseinandersetzen.